Bericht Bezirksobmann Adolf Markus, JHV 2013-05-31                                                              -1-

Abk: SL Sudetendeutsche Landsmannschaft                                                                

        ST Sudetendeutscher Tag,  Sdt Sudetendeutsch(e,r)

Seit der letztjährigen Jahreshauptversamml. am 22.6.12 in Hof mit dem Besuch der neu geschaffenen Museumsabteilung „Flüchtlinge und Vertriebene“ und der Antikomplex-Ausstellung „Das verschwundene Sudetenland“ ergaben sich 2 Schwerpunkte unserer Arbeit:

Der Sudetendt. Tag und der offizielle Staats-Besuch des tschech. Ministerpräsidenten Petr Nečas in München.

Schon an den Themen der STe zeigt sich eine positive Veränderung im Verhältnis der Sdeutschen  und Tschechen, vor allem aber an den Ergebnissen.           

Während vor 10 Jahren im Zeichen des EU-Beitritts Tschechiens und der immer noch existierenden Beneš-Dekrete Themen wie „Vertreibung ist Völkermord“  und „Menschenrechte achten, Vertreibung ächten“ genannt wurden, ist jetzt die Sprache auf mehr Dialog und Annäherung ausgerichtet, 2013  „Zukunft braucht Heimat“. Geschichtliche Wahrheitsfindung, Heimat            - und Menschenrecht und gemeinsame Zukunft in Europa waren immer Grundaussage.

Während der damalige Ministerpräs. Edmund    Stoiber festlegte, er fahre erst offiziell nach Tschechien, wenn die Beneš-Dekrete abgeschafft seien, was seinerzeit richtige Einstellung war, aber in Tschechien zur Blockadehaltung gegenüber den Sdt. führte, fuhr Min.präs. Horst Seehofer 2011 und 2012 offiziell und in Begleitung der Sdt. Vertreter, u.a.  Bernd Posselt und Franz Pany  zu Gesprächen mit der tschech. Regierung nach Prag. Und sie erreichten den Gegenbesuch des tschech. Min.präs. (Premiermin.) Petr  Nečas in München.

 

Während 2012 am ST von Seehofer der Vertriebenen-Gedenktag in Aussicht gestellt wurde, konnte der bayer. Min.präs. am ST 2013 die Einführung des Gedenktages gegen Vertreibungen in Bayern an jedem 2. Sonntag im September ab 2014 verkünden. Wir hoffen, dass der Bund folgt.

Es ist ein Wendepunkt in den sudetendt.-tschechischen Beziehungen zu verzeichnen, so auch Seehofer und die Spitzen  der SL bei ST 2013, und zwar seit der Wende 1989, durch beharrliches Arbeiten auf allen Ebenen der SL, durch umfassende dauernde Gespräche bayerischer und europäischer Abgeordneter, sdt.er Vertreter und tschechischer Politiker und Journalisten, Kirchenvertretern und Deutschverbliebenen- Verbände in Böhmen, Mähren und Schlesien.

 

Am ST nehmen (bzw. berichten) immer mehr tschech. Vertreter der Medien, der Kirchen und der Parteienals Gäste teil, so von der Außenmin.- Schwarzenberg-Partei TOP 09, von den Christ- und Sozialdemokraten. Ungarn entsandte den Botschafts- und Regierungsvertreter.

Min.präs. Horst Seehofer verkündete am ST 2013, das der Bayer. Staat anstelle der Sdt. Stiftung für das zu schaffende Sdt. Museum in München neben den 20 Mio. € bayer. Zuschuss und den 10 Mio. € Bundeszuschuss die Bauträgerschaft übernimmt – ein Leuchtturmprojekt   in Zusammenarbeit mit dem Museum Aussig der deutschen in Böhmen (Collegium Bohemicum), genau wie die bayer.-tschech. Landesausstellung 2016, unter dem Gesichtspunkt Erinnerung, Wahrheit, Zukunft.

Min.präs. Seehofer betonte am ST  mehrfach die Wiederaufbauleistung der Sdt. in Bayern und Deutschland, als    dem 4. Stamm Bayerns. Er erhielt vom Sdt. Sprecher Dr. hc Bernd Posselt   MdEP die höchste Auszeichnung der Sdt., den Karlspreis der SL,  Karls des IV.

 

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Der tschech. Dokumentarfilmer David Vondraček erhielt für verschiedene Filme zur Aufarbeitung der Geschichte und Vertreibung den Menschenrechtspreis von Bernd Posselt überreicht.

der tschech. Staatspräs. Milos Zeman wurde namentlich nicht erwähnt. Seine Äußerungen (schon 2002 in Dt. mit Schröder/Fischer ) jetzt in Österreich, die Vertreibung wäre für die Sdt. ein Glücksfall gewesen, sonst hätten sie wegen Landesverrats  die Todesstrafe verdient, ist menschenverachtend  und menschenrechtsverletzend. Sie wurde vom tschech. Premiermin. Nečas  kommentiert, Zeman sei im 21. Jahrhundert noch nicht angekommen.

Nebenbei: Die sog. Klaus-Klausel, gegen die Lissabon-Grundrechts-Charta der EU gerichtet, ist endgültig vom Tisch.

 

Damit zum 2. Schwerpunkt-Thema:

Der Nečas-Besuch in München Feb.2013.

Vorausgegangen waren ab 2010 Reisen und Gespräche bayer. Minister und Politiker mit  sdt. Vertretern wie Posselt und Pany in die CR, mit Besuchen der Gedenkstätten in Lidice, Theresienstadt und Aussig, z.B. mit Kultusmin. Ludwig Spaenle, Schirmherrsch.min. Christine Haderthauer und Min.präs. Horst Seehofer in mehrfachen Gesprächen mit Nečas u.a.

Premiermin. Petr. Nečas hat klar vor dem Bayer. Landtag , Feb. 2013 in einem offiziellen Staatsakt, gegen die Vertreibung, Enteignung und Kollektivschuld der Sdt. gesprochen und nicht versucht, die Vertreibung zu rechtfertigen.  Anders als bei der Deutsch-Tschech. Erklärung 1997 war diesmal das Bedauern über das der Sdt. Volksgruppe zugefügte Unrecht eingebettet in zahlreiche Gesten und Aussagen, die seine Aussagen verstärkten, z. B.:

Die Sdt. Spitzenvertreter waren an der Vorbereitung und Durchführung des Nečas-Besuches intensiv beteiligt. Die Sdt. Vorstandsdelegation auf der Landtags-Besuchertribüne wurde von Nečas mit „werte Landsleute und ehemalige Mitbürger“ angesprochen und zum gemeinsamen Dialog eingeladen, der in Europa verankert und unter günstigen Bedingungen stattfinden soll. Schluss also mit der Schluss-Strich- Rhetorik und Dialogverweigerung eines tschech. Staatspräs. Zeman und mancher deutscher Politiker, vor allem Bundespolitiker.

 

Nečas’s Aussagen (90% davon) beleuchten die gemeinsamen historischen, kulturellen und christlichen Wurzeln, den großen Beitrag unserer Sdt. Volksgruppe zu Geschichte und Entwicklung der böhmisch-mährisch-schlesischen Länder und er thematisiert die Verödung z.B. der Grenzgebiete infolge der Vertreibung. Der Sdt. Widerstandskämpfer gegen den Naziterror wurde von Nečas durch Kranzniederlegung an der Sdt. Gedenktafel in Dachau ehrend gedacht.

 

Damit ist eine neue Grundlage bayerisch-tschechisch-sudetendt.  Zusammenarbeit und Dialog geschaffen, die Skeptiker vielfach verstummen lassen. Wichtig ist auch, die Sdt.e Problemaufarbeitung nicht nur den Historikern zu überlassen, sondern wir selbst müssen Wege  zum Sdt.-tschech. Dialog mitbestimmen. Dies wird ein zukünftiger langer, geduldiger Prozess.

Natürlich sind in Tschechien nicht alle mit Nečas Rede und Verhalten einverstanden.

 

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Es gibt dort noch viele kommunistische und nationalistische Kräfte, die nicht begreifen wollen, was Tschechien einer demokratischen EU-Werte- und Rechtsgemeinschaft schulden muss.

Nečas ist natürlich ein Gefangener der Prager Staatsräson, die an den Beneš-Dekreten und am Straffreistellungs-Gesetz nicht rütteln wollen, weil somit die Nachkriegsordnung in Frage gestellt werden würde.

Außenminister Fürst Schwarzenberg hat dies im Präsid.-Wahlkampf  

leidvoll erfahren. Zeman hat daraus Nutzen gezogen, auch wenn er für die Sdt. und für die Demokraten deshalb ein Verlierer ist.

 

Zwischenbemerkung: Schirmherrschafts-Min. Christine Haderthauer hat sich beim ST klar für die Abschaffung der Beneš-Dekrete ausgesprochen, da diese in der Wertegemeinschaft der EU nur die Zukunft blockieren.   %

Auch aus unseren Reihen bemängelt mancher, das Nečas meint, nur wenig von den Fehlern der Geschichte wieder gut zu machen und die Eigentumsverhältnisse der Vorkriegszeit vor 1938 nicht wieder gutgemacht werden könnten.

Realistisch gesehen werden wir die alten Eigentumsverhältnisse nicht einfach wieder herstellen können. Die Eigentumsfrage (§3 unserer SL-Satzung) ist aber damit nicht vom Tisch. Stellen wir sie aber als erste Bedingungs-Priorität hin, ist jeder Dialog gefährdet, wie die Entwicklung seit 1992 gezeigt hat.

 

Nečas hat in seiner Bayer. LT-Rede auch nicht die 1000-fachen Exzesse und Massaker etc. gegen die Sdt. Zivilbevölkerung nach Kriegsende 1945 bedauert, die dann straffrei gestellt wurden und mit den  Beneš-Dekreten die Hauptbarrieren für eine moralisch gute Nachbarschaft in der EU sind. Aber wir wissen aus den tschech. Medien auch, dass in Prager Regierungskreisen die Nečas-Rede als schockierend und tragisch dargestellt wurde, Zwänge, unter denen Nečas steht, wie auch damals ein Staatspräs. Vaclav Havel.

Allerdings muss sich die Tschech. Republik mit ihrem Volksverhetzer Zeman an anderen Staaten des ehemaligen Ostblocks messen lassen, die viel einladender  über Entschädigung, ja sogar Rückkehr der vertriebenen Deutschen diskutieren. Die tschech. Republik hinkt in allem hinterher.

 Trotz der Entrechtung ab 1918/19 der 3 ½ Mio. Sdt. bis hin zur Vertreibung, Massaker und Zwangsarbeit nach Kriegsende 1945 haben die Sdt. Vertreter, angefangen mit der Charta der Vertriebenen 1950 bis heute, das tschech. Volk in christl. Völkerverständigung um Verzeihung gebeten.

Aber wenn ich die Entwicklung in den letzten 23 Jahren nach unserer 900-jährigen Geschichte betrachte, haben wir in den letzten 4 Jahren Fortschritte erzielt.  Bedenken sie:

1992 bei Verhandlungen um den Dt.-Tsch. Nachbarschaftsvertrag in Sachen Entschädigung des uns geraubten Eigentums wurde von tschech. Seite sofort blockiert.

1997: Das Dt.-Tsch. Gesprächsforum, aus dem Nečas in seiner Rede zitierte, wurde sehr formal gehandhabt.

2002 hat das tschech. Parlament die Beneš-Unrechts-Dekrete weiterhin für legitimiert erklärt.

2004 wurde die CR samt Beneš-Dekreten in die Rechtsgemeinschaft EU aufgenommen.

2008 haben die EU-Länder Völkermord unter Strafe gestellt, aber der Völkermord gegen die (3 ½ Mio) Sdt. Volksgruppe wurde nicht verfolgt.

 

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(Kosovo 2005 ja, Armenien 1915).

 

Ein Teil der Öffentlichkeit, Politik, Medien begrenzt Dt. Geschichte nur noch auf die Zeit des 2. Weltkrieges, der Nazi-Verbrechen und des Holocaust, für die wir wieder gutgemacht, uns entschuldigt haben.

Verbrechen gegen Deutsche, Sudetendeutsche, (z.B. ab 1918 Versailles, St. Germain) werden ignoriert oder vergessen.

Fazit: Die Sdt. sind mit der Faust bzw. mit der Holzhammer-Methode die letzten 20 Jahre nicht vorangekommen. Die Eigentums-Entschädigung z.B. muss in modifizierter Form noch geklärt werden, sie bei Gesprächen voranzutragen, erzeugt Blockade und verhindert Dialog.

 

TOP 5: Kurzbericht aus SL-Landes- und Bundesversammlungen:

Vorgetragenes waren auch im letzten Jahr die Hautarbeitspunkte der 4 Landes- und einer Bundesvorstandssitzung mit je einer Landes- und Bundesversammlung.  Vorweg:

Es wird um Lösungen hart, aber konstruktiv diskutiert innerhalb der Delegierten, der älteren Erlebnisgeneration und der jüngeren Bekenner- oder Erbengeneration und der SdJ Sdt. Jugend.  Und der Sprecher der Sdt. Bernd Posselt wie auch der SL-Landes- und Bundesvorsitzende Franz Pany , der jetzt für den Bayer. Landtag kandidiert, stehen mitunter  in der Kritik, arbeiten ehrenamtlich jedoch hart und nachhaltig.

FRAGE: Wie durch Arbeit vorankommen, um bei tschech. wie auch bei deutschen Politikern und Regierungen Erfolge zu erzielen !

 

Mich selbst überzeugt ihr Weg der Volks-Diplomatie, der  Weg der kleinen , aber nachhaltigen Schritte zum Ziel der Wahrheitsfindung und der Verständigung, nicht populistisch, eher unbequem, aber in aufrechter Sudetendeutscher Haltung.

Eine Umfrage in Tschechien des Soziologischen Instituts der Akademie der Wissenschaften Prag zeigt: Für  Beibehaltung der Beneš-Dekrete

2002: 67 %  ja.       2012:  49 % ja  bzw. fast die Hälfte der Tsch. für die Abschaffung.

Ist die Vertreibung der Sdt. gerecht:

2002: 60 % der Tsch. ja,     2012:  nur noch 42 % der Tsch. ja; Mehrheit der Tschechen: Vertreibung ist ungerecht.

 

Einige Erfolge Dt.-Tsch. –Sdt. Zusammenarbeit habe ich bereits genannt: Die Museen, Landesausstellung, parlamentarische bzw. ministeriale und Regierungsgespräche unter Einbezug der Sdt. Vertreter, die Netzwerke zu Politikern Parteien, Medien, den Deutschverbliebenen mit  deren Landes- und Kulturverband (Nowak und Dzingel ), dem Sdt. Verbindungsbüro in Prag mit Peter Barton .

 

Es gelten nach wie vor §3 der SL-Satzung, Zweck, Aufgaben, Ziele und der Grundsatz Wahrheit vor Versöhnung. Die Tschechen müssen nach Vaclav Havel ihre Geschichte aufarbeiten und nicht wegschieben.

 Nečas-Rede 2013 räumt mit falscher Geschichtsauffassung der Tschechen auf :    >>Die 1. Republik der Tschechen (CSR ab 1918) ist an nationalen Spannungen gescheitert, die Hitler missbraucht hat.

>> Die Entleerung der Grenzgebiete durch Vertreibung ist eine gigantische Tragödie.

Fazit: Wir Sdt. sind auf unserem beharrlichen Weg  dem Ziel ein Stück näher gekommen , aber noch nicht am Ziel.