mozart.gif (48336 Byte)

"Mozart in Böhmen"

  Ein Vortrag von Dr. Frank Piontek,

Im Hintergrund: Sonate C- DUR von W.A.Mozart- Allegro

                                    

Leider nur wenige Zuhörer konnte Manfred Kees am Donnerstag, 07. Oktober 2010, um 18.00 Uhr im Historischen Rathaussaal im Kunstmuseum, Maximilianstraße 33 begrüßen. Dr. Frank Piontek, geboren 1964 in Berlin, Studium der Altgermanistik, der Neuen Deutschen Philologie und der Philosophie in Berlin und Bayreuth hielt einen sehr fundierten Vortrag über „Mozart in Böhmen. Piontek lebt seit 1988 in Bayreuth, wo er als Kulturjournalist  und  Referent tätig ist.

In seiner Begrüßung und Einführung zeigte Manfred Kees die spannende, ereignis-reiche und umwälzende historische Entwicklung zu Lebzeiten von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791) auf. Noch gab es das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“. Die Habsburgerin Maria Theresia, die spätere Kaiserin von Österreich-Ungarn und der Preußenkönig Friedrich II. der Große” rivalisierten und führten Krieg gegeneinander (Siebenjährige Krieg, 1756–63). Es ging um Schlesien, eine reiche Region zwischen beiden Landern.

piontek02.jpg (30653 Byte)

Pressesprecher Manfred Kees bei seiner Begrüßung

Es war die Zeit des Absolutismus und der Aufklärung. Die weltlichen und kirchlichen Fürsten hielten luxuriös Hof und ließen Schlösser im Stil des Rokoko bauen Zur Finanzierung hatten die Herrscher Privilegien, zu denen Zölle und Steuern und in manchen Ländern auch der Verkauf von armen“Landeskindern” als Soldaten gehörte. Dies schrie nach Aufklärung und Änderung. Und Jean Paul betonte um 1780 „Früher war alles besser“.

Neben Maria Theresia, Friedrich II. lebten in dieser Zeit auch die Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, Ludwig van Beethoven, Franz Schubert, Anna Amalia in Weimar, der Philosophieprofessor Immanuel Kant, Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller, um nur einige zu nennen.

Benjamin Franklin erfand den Blitzableiter, James Watt die Dampfmaschine und James Cook gelang die erste Weltumsegelung. In Nordamerika tobten die Indianer-kriege, es begann der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg und die Französische Revolution. Eine ereignisreiche epochale Zeit in die Wolfgang Amadeus Mozart hineingeboren wurde.

piontek03.jpg (23450 Byte)

Dr. Frank Piontek bei seinem Vortrag

Dr. Frank Piontek zeigte im folgenden Vortrag die besonderen Beziehungen die Wolfgang Amadé Mozart zu Böhmen pflegte, in eindrucksvoller Weise, historisch fundiert und mit ausgewählten Musikbeispielen auf. In Böhmen fanden die Urauf-führungen der beiden Meisterwerke „Don Giovanni“ und „La clemnza di Tito“ statt, hier entstand die „Prager Symphonie“ und hier feierte man –mehr noch als in Wien- den „Figaro“ und seinen Schöpfer. Mozart begeisterte die Prager und war dort sehr geschätzt. Dies erkläre sich wohl auch aus der besonderen Rolle, die Böhmen damals in der Habsburger Monarchie einnehmen musste. Böhmen war nur ein Teil des Habsburger Reiches und noch dazu häufig im Widerspruch zur Zentrale in Wien.

Legendär war die „Höhere Musica“ in Böhmen. Man sprach deutsch weil man sich auch als Deutscher fühlte. Mozart war kein „Vielschreiber“, weshalb seine Musik be-ständig geblieben ist.

Im Jahre 1767 floh die ganze Familie vor einer Blattern-Epidemie aus der Kaiserstadt Wien ins mährische Olmütz, freilich vergeblich. Vom Spätherbst bis in den Dezember hinein lag Mozart lebensgefährlich erkrankt in der für ihn fremden Stadt. Olmütz hat aber Mozart nicht vergessen. Sie errichteten ihn zu Ehren eine Gedenktafel, aber weder in Deutsch noch in Tschechisch sondern in Latein.

Das Weihnachtsfest und die Jahreswende verbrachten die Mozarts dann in Brünn, der Hauptstadt Mährens. Sie machten eine Aufwartung bei dem Landeshauptmann, dem Grafen Franz Anton Xaver Schrattenbach, dem Bruder des Salzburger Erzbischofs Siegmund Christoph Schrattenbach, für den L. Mozart Hofkomponist und Vizekapellmeister und Wolfgang Amadeus unbezahlter Konzertmeister war. Der Besuch fand im dortigen Schrattenbach-Palast statt.Sehr viel war Mozart natürlich in Prag. Dort war er besonders bekannt und auch sehr beliebt. Dies ist erstaunlich, erklärt sich aber aus der besonderen Situation des bedeutungslosen Hochadels in Prag, als „Anhängsel“ des Zentralismus in Wien. „Hochadel, der in Wien nicht gebraucht wurde, war in Prag und richtete sich dort gut ein“. Es entstanden böhmische Orchester und Theater. Mozart wohnte unter anderen im Palais des Grafen Thun. Figaros Hochzeit ist in Prag 1787 mit riesigem Beifall aufgenommen worden, weniger in Wien. Mozart wusste, das er den Pragern etwas bieten musste. Gelungen ist ihm dies sicher mit der Prager Sinfonie, einer seiner ganz großen Sinfonien. In dieser Sinfonie variiert Mozart auch Teile aus dem Figaro.

piontek01.jpg (17346 Byte)

Als Beispielmusik brachte Piontek Ausschnitte aus dem 2. Satz dieser Sinfonie.

Prag ist ein sehr schöner und angenehmer Ort, schreibt Mozart und drückt dadurch seine Sympathie für die böhmische Metropole aus. Andere Städte, wie z.B. Nürnberg, kamen da weniger schmeichelhaft weg. Die Prager dankten es ihm, „Die Böhmen sind stolz auf Mozart, weil er Ihre Musikgefühle so trefflich erkannte“.

Mit den Prager Tänzen (KV 195) bot Piontek ein weiteres, sehr eindrucksvolles aber sehr wenig bekanntes und wenig gespieltes Werk.

Charmante Legenden und Geschichten um Mozart sind in Prag entstanden, offenbar, weil Mozart dort sehr beliebt war. Ähnliches kann von Wien nicht berichtet werden, obwohl Mozart dort viel länger lebte.

Eine besondere Rolle im Leben von Mozart spielt auch Franz Xaver Duschek, ein böhmischer Komponist und Cembalospieler und seine Ehefrau Josepha Hambacher.

In ihrer Villa Bertramka, einem ehemaligen Landhaus in Prag 5 in Smichov entstand –evtl. unter besonderem Einfluss von Josepha- die Oper Don Giovanni. Angeblich hat Josepha den Komponisten in ein Gartenhaus eingesperrt, damit die Oper rasch vollendet werden konnte. Leider ist wegen eines Rechtsstreites der Stadtverwaltung mit der Mozartgemeinde Prag das Museum derzeit nicht zu besichtigen.

Als Musikbeispiel wählte hier Piontek die Arie „Bella mia fiamma“.

Eine weitere erwähnenswerte Station in Böhmen ist der Auftritt Mozarts im Prämonstratenser Kloster Strahov in Prag. Der hervorragende Orgelspieler Mozart hat die dortige Orgel virtuos erklingen lassen. Prag nennt sich auch heute noch „Mozartstadt“.

Am Ende seines Lebens eröffnete sich für Mozart erneut die Möglichkeit, in Prag an frühere Triumphe anzuknüpfen. Im Auftrag der böhmischen Stände komponierte er anlässlich der Krönung Leopolds II. zum König von Böhmen die Oper La clemenza di Tito (KV 621). Mozarts Hoffnungen erfüllten sich nicht. Dem Werk wurde beim hocharistokratischen Publikum nur eine laue Aufnahme zuteil; die Gattin des Kaisers soll nach der Aufführung gar von einer „porcheria tedesca“, einer deutschen Schweinerei gesprochen haben.

1791 starb Mozart. Er und sein Werk blieben aktuell. Mozart blieb politisch unangetastet.

 

Manfred Kees, 07. Oktober 2010