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"Maria, Hilfe der Christen in Mistelbach", die Notkirche an der Heide

"Maria, Hilfe der Christen"

Die katholische Kirche im Hummelgau

Lied: Hier liegt vor deiner Majestät...

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"Maria, Hilfe der Christen" heute

Am Vigiltag vom Mariä Himmelfahrt, dem 14. August 1949, also vor 60 Jahren wurde für die erste Vertriebenenkirche der Erzdiözese Bamberg in Mistelbach, Kreis Bayreuth, der Grundstein gelegt. Bereits am 22. Oktober 1949 weihte der Bamberger Erzbischof Josef Otto Kolb diese Kirche ein. Lesen Sie hier die Vorgeschichte.

Mit der Reformation in der Markgrafschaft Brandenburg wurde auch die Gemeinde Mistelbach protestantisch. Der damalige katholische Pfarrer, Eberhard Proll, trat zum evangelisch- lutherischen Glauben über und mit ihm die ganze Einwohnerschaft. So lebten auch im Jahre 1939 hier höchstens 10 Katholiken.

Das änderte sich schlagartig mit dem Zuzug der Heimatvertriebenen in den ersten Nachkriegsjahren. Auch die Einwohnerzahl der Gemeinde Mistelbach stieg von 915 auf 1456. Die Zahl der Katholiken war im Jahre 1952 bei 180. Ähnlich war die Entwicklung im gesamten Hummelgau, den Dörfern Mistelgau, Pettendorf, Pittersdorf, Creez und Gesees. Aus dem ehemaligen großen Gebiet ohne katholische Christen war ein riesiges Diasporagebiet geworden.

Anfangs betreuten Redemptoristenpatres aus Forchheim seelsorglich dieses Land. Sie schickten bereits 1945 sog. Rucksackmissionare in diese Gebiete. Auch der "Speckpater" Werenfried van Straaten aus Holland hat hier gewirkt. Aus umgebauten Omnibussen wurde mit wenigen Handgriffen ein Kapellenzelt mit Altar geklappt. Auch in Mistelgau, Eckersdorf und Gesees hielt ein solcher Wagen zur Feier der Sonntagsmesse vor dem Bau der weiteren drei Kirchen in diesen Orten.

Bereits im Jahre 1946 wurde der Mittelschlesier Geistliche Georg Teschner als Vertriebenenseelsorger im Hummelgau eingesetzt. Er war von Obernsees über Creußen, Emtmannsberg und Bindlach für 17 Seelsorgsstellen zuständig. Um dies alles zu bewältigen, beschaffte sich Pfarrer Teschner ein Motorrad mit Seitenwagen, mit dem er seinen großen Bezirk bereiste. Er und sein Motorrad wurden im Bayreuther Umland berühmt. Für seine "Schäflein" legte er im Monat etwa 2.000 Kilometer zurück.

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Links: Pfarrer Georg Teschner auf seiner "Triumph 350"

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Erdaushub der ersten Kirche. Links Pfarrer Teschner.

In Mistelbach fand 1946 sein erster Gottesdienst, abgehalten in der alten Schule, sehr großem Zuspruch. In Teschner reifte der Entschluß, hier in Mistelbach seine erste Kirche für die Vertriebenen zu bauen. Ein Standort war bald gefunden. Es war ein Grundstück im Ortsteil "Heide", etwa 100 m von der Brücke über die Mistel entfernt. Auch der Kaufdes Grundes geschah ohne Probleme. Auf dem eigenen Grundstück wurde noch im gleichen Jahr das Fronleichnamsfest in Gottes Natur gefeiert. Für die neue Kirche wurden alsbald von den sudetendeutschen Architekten Wilfling und Fischer aus Bayreuth Baupläne erstellt. Das charakteristische Türmchen wurde von einem heimatvertriebenen Architekten aus Weidenberg geplant.

In gemeinsamer Arbeit wurde der Erdaushub gemacht. Wer nur irgend konnte, griff mit zu. Viele waren mit Feuereifer dabei, es war alles eine große Familie. Die Grundsteinlegung fand am 14. August 1949 durch Prälat Dr. Wagner vom Flüchtlingsreferat der Erzdiözese Bamberg statt. Etwa 500 Gläubige verfolgten die Segnung des Grundsteines. Die Finanzierung wurde nach und nach sicher gestellt.

Die Kirche wurde fast ausschließlich in Eigenleistung erstellt. Aus Bamberg holte Pfarrer Teschner mit dem Motorrad eine Glocke ab, die aus dem Hamburger "Glockenfriedhof" stammte. Dort waren die Glocken gelagert, die zu Kriegszwecken eingeschmolzen werden sollten. Das war natürlich nach dem Kriege überflüssig.Herr Schneider, ein Schlesier, malte den Innenraum aus, ein weiterer Schlesier, Alois Frassek, schnitzte das große Kreuz und die Schutzmantelmadonna "Maria, Hilfe der Christen". Die Kirche erhielt auf ihrem Vorplatz vom Schlesier Harrn Sklorz einen Gedenkstein aus heimischem Sandstein zur Erinnerung an die Toten der Heimat.

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Fronleichnam in der "Sandgrube" im Jahre 1949

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Weihe durch Erzbischof Kolb

Die Bauarbeiten gingen so rasch voran, daß bereits am 22. Oktober 1949 die Weihe durch Erzbischof Dr. Josef Otto Kolb erfolgen konnte. Erstaunt stellte der Erzbischof fest: "Ich dachte, hier eine Notkirche vorzufinden. Dabei weihe ich hier dieses schöne Gotteshaus ein." Zum Eingang des Weihehochamtes wurde das deutsche Hochamt von Michael Haydn "Hier liegt vor deiner Majestät" gesungen. Zum Abschluß erklang voll Inbrunst das Tedum, das "Großer Gott, wir loben dich".

Erstaunlich, daß diese Kirche in sehr kurzer Zeit erstellt wurde. In dieser Epoche waren große Baumaschinen noch nicht vorhanden. Die Aktivitäten der Katholiken wurden von der politischen Gemeinde und der einheimischen Bevölkerung nicht immer mit Begeisterung aufgenommen, von einer aktiven Unterstützung ganz zu schweigen. Zu sehr wurden die Vertriebenen als Fremdlinge betrachtet, die durch ihr mitgebrachtes Brauchtum in die Sitten des Hummelgaues eindrangen.

Pfarrer Teschner plante sogar im Ortsteil Heide eine Vertriebenensiedlung. Die Baugenehmigung lag bereits vor, Bauzuschüsse waren genehmigt. Da hatte die politische Gemeinde Mistelbach Bedenken, daß "eine Gemeinde in der Gemeinde" entstehen könnte. Der Plan kam nicht zustande.

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"Maria, Hilfe der Christen. Erste Vertriebenenkirche in Mistelbach.

Leider hatte auch die Kirche an der "Heide" keinen fortwährenden Bestand. Der Baugrund, eine ehemalige Sandgrube, war marode. In der Kirche zeigten sich Risse, die zunächst durch ein Betonkorsett gesichert wurden. Schließlich aber mußte die erste Vertriebenenkirche in Mistelbach aufgegeben werden. Am Ortsende gegenüber entstand eine neue Kirche "Maria, Hilfe der Christen".

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Die Grundstein- Urkunde der ersten Mistelbacher Kirche

Liebe Surfer, nachdem Sie die Geschichte der ersten Kirche in Mistelbach gelesen haben, sollen Sie auch die der neuen Kirche erfahren. Doch die Geschichte der alten Kirche ist mit der vorigen Datei nicht zu Ende.

Georg Teschner, der Gründungspfarrer, legte am 1.4.1962 sein Amt aus Gesundheitsgründen nieder. Zu dieser Zeit zeigten sich bereits Risse in den Wänden der seiner Kirche. Allzu nachgiebig war der Grund, auf dem sie erbaut war. Die Nässe des umgebenden Waldes und ein zu schwaches Mauerwerk waren der Festigkeit nicht gewachsen. So wurde ein Betonkorsett um das Gotteshaus herum gebaut. Auch neue Fenster und ein neuer Fußboden waren fällig. Schließlich wurde die Kirche der Ordnung des II. Vatikanums gemäß umgestaltet. Am 24.9.1967 konnte man wieder Messe feiern.

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Die erste Vertriebenenkirche im Dornröschenschlaf

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Heute anderweitig genutzt

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Letzter Gottesdienst 13.7.1985

Da entschloß sich die Kirchenverwaltung zu einem Neubau. Die Bauarbeiten begannen im Frühjahr 1984 unter der Leitung des Architekten Baptist Detsch, Kronach. Der Baustil dieser Kirche zeigt fränkische Züge und fügt sich in das Gesamtbild des Ortes Mistelbach ein. Der Gedenkstein für die Vertriebenen wurde neben die neue Kirche versetzt. Seitlich entstand ein größerer Gemeinschaftsraum für Veranstaltungen aller Art. Diese Kirche übernahm als rechtliche Nachfolgerin der "Notkirche" den Titel "Maria, Hilfe der Christen".

Der Kirchturm der alten Kirche aber wurde, in ökumenischer Güte, der evangelisch- lutherischen Gemeinde in Bayreuth geschenkt. Er krönt deren Kirche in der Erlanger Straße. Am 13.7. 1985 feierte man den letzten Gottesdienst in der alten Kirche.

Am Freitag, den 19.Juli 1985 war ein ökomenischer Gottesdienst, am 21. Juli 1985 dann die Weihe der neuen Kirche durch Weihbischof Martin Wiesend. Am 17.6.1995 wurde der langjährige Kommunionhelfer Georg Böhm in Eckersdorf zum Diakon geweiht. An Kirchweih 1992 bekam die Kirche in Mistelbach eine neue elektronische Orgel. Sie funktioniert durch Resonatoren, welche mit Originaltönen von Pfeifenorgeln gespeist werden. Diese Methode erzeugt einen nahezu echten Orgelklang, blieb aber in den Entstehungskosten für die Kirchengemeinde erschwinglich.

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Weihe der neuen Kirche durch Weihbischof Martin Wiesend am 21.7.1985

Im Jahre 1986 wurden das Karfreitagskreuz und die Madonna aufgestellt. 1992 die Auferstandenenfigur überm Hochaltar. Die Kirche wurde aber erst im Jahre 1999 richtig vollendet. An Kirchweih 1999 wurden zwei neue Glocken geweiht. Am Kirchweihsonntag um 9:00 Uhr erklangen sie erstmals. Im Festgottesdienst wurde die Haydn Messe der ersten Kirchweihe von 1949 gesungen.

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Vertriebenendenkmal, heute an der Mauer der gegenwärtigen Kirche in Mistelbach

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Der Kirchturm auf der evangelisch- reformierten Kirche in Bayreuth

 

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Priestergrab von Pfarrer Dressel

Mit Pfarrer Dr. George Kocheekaranveetil erhielt die Gemeinde im am 6.9.1992 einen neuen Pfarrer, der noch heute der Gemeinde vorsteht.

Am 19.Juli 2009 feierte die Kirche "Maria, Hilfe der Christen" in  Mistelbach ihr 60- jähriges Bestehen.  Heimatvertriebenen Christen aus dem ganzen Landkreis waren anwesend . Hohe Gäste aus dem öffentlichen Leben, darunter Landtagsabgeordneter Walter Nadler, Bundestagsabgeordneter Hartmut Koschyk, Landrat Hermann Hübner,  Bürgermeisterin Dr. Beate Kuhn aus Bayreuth, sowie die Bürgermeister Richard Müller aus Hummeltal und Bernhard Rümpelein, Mistelbach waren unter den Ehrengästen. Der St. Franziskus Chor sang, wie am Weihetag der ersten Kirche, die Haydn- Messe „Hier liegt vor deiner Majestät“. Die Trachtengruppe der Eghalanda Gmoi gab der Festgemeinde einen farbenfrohen Akzent.

In den Ausführungen aller Politiker spiegelte sich die Anerkennung der Heimatvertriebenen am Aufbau unseres Gemeinwesens unseres Staates wider. „Die Vertriebenen“, so Landrat Hübner, „haben in den Nachkriegsjahren nicht nur frischen Wind in die bäuerlich geprägte Landschaft gebracht, sondern auch eine positive Entwicklung angestoßen.“ Bürgermeister Rümpelein bezeichnete die Geschehnisse nach dem Zweiten Weltkrieg als „Meisterwerk der Integration“. Die Heimatvertriebenen haben eine neue Heimat gefunden und wurden von den Einheimischen gut aufgenommen.

Margaretha Michel, Kreisvorsitzende der SL verwies auf die zahlreichen Brücken, die mittlerweile zur alten Heimat gebaut wurden. Dies gehe am besten über die Kirchen. Wichtig sei, dass die Menschen innerlich zur Ruhe kommen. Dieser Prozeß könne mehrere Generationen dauern.

Auch diesmal erklang zum Abschluß des Kirchweihgottesdienstes das Tedeum. Der Aktivkreis des Pfarrgemeinderates hatte ein Festzelt aufbauen lassen, in dem der Tag noch nachgefeiert wurde. Zu sagenhaft günstigen Preisen konnte man Mittag essen und zu selbstgebackenem Kuchen Kaffee trinken. Das Festzelt war ständig gut frequentiert.

Fotoalbum von der Festveranstaltung

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