Die
Vertreter der zehn Kreisgruppen des Bezirkes Oberfranken der Sudeten-deutschen
Landsmannschaft trafen sich zu ihrer Jahrestagung 2013 in Thurnau.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand der Bericht des Bezirksobmannes Adolf
Markus aus Naila ergänzt um die Berichte über die Bundes- und
Landesver-sammlung sowie dem Finanzbericht der Vermögensverwalterin Inge Bauer.
Adolf Markus konnte auch Martin Schöffel, MdL, CSU aus Wunsiedel begrüßen.
Der Bezirksobmann ist, neben der ebenfalls anwesenden Margaretha Michel
aus Pegnitz, Mitglied in der Bundesversammlung, dem höchsten Gremium der
Sudetendeutschen Landsmannschaft. In seinem Bericht ging Adolf Markus vor allem
auf die Leuchtturmprojekte wie Sudetendeutscher Tag in Augsburg, Baubeginn für
das Sudetendeutsches Museum in München, Übernahme der Finanzierung durch den
Bund und den Freistaat Bayern und die Bauträgerschaft durch den Freistaat
Bayern, die Zusammenarbeit mit dem Museum in Aussig der Deutschen in Böhmen
(Collegium Bohemicum) und der geplanten bayerisch-tschechischen
Landesausstellung 2016, unter dem Leitmotiv Erinnerung, Wahrheit, Zukunft ein.
Beim Sudetendeutschen Tag 2013 in Augsburg zeigten sich bereits deutliche Veränderungen
im Verhältnis zwischen den Sudetendeutschen und den Tschechen vor allem durch
den Staatsbesuch des tschechischen Ministerpräsidenten Petr Nečas in München. Trotz der noch immer existierenden
Beneš-Dekrete stehen der Dialog und die Annäherung im Vordergrund.
Geschichtliche Wahrheitsfindung, Heimat- und Menschrecht und die gemein-same
Zukunft in Europa bleiben Kernthemen. Bei den gegenseitigen Staatsbesuchen waren
die Repräsentanten der Sudetendeutschen Bernd Posselt und Franz Pany voll
eingebunden. Besonders der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sah
einen Wendepunkt in den sudetendeutschen – tschechischen Beziehungen durch
umfassende Kontakte und Gespräche.
Ministerpräsident Seehofer betonte am Sudetendeutschen Tag mehrfach die Wiederaufbauleistung der Sudetendeutschen in Bayern und
Deutschland. Eine deutliche Anerkennung ist die Schirmherrschaft über die
Sudetendeutschen als dem 4. Stamm
Bayerns. Weiter verkündete Seehofer die Einführung eines Gedenktages gegen Vertreibungen an jedem 2. Sonntag
im September ab 2014.
Er erhielt vom Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe Bernd
Posselt, MdEP die höchste Auszeichnung der Sudetendeutschen, den Karlspreis
der Sudetendeutschen LandsmannschaftDem tschechische Dokumentarfilmer
David Vondraček überreichte
Bernd Posselt den Menschenrechtspreis für seine Filme zur Aufarbeitung der
Geschichte und Vertreibung.
Am Sudetendeutschen Tag nehmen immer mehr
tschechische Vertreter der Medien, der Kirchen und der Parteien als Gäste
teil.
Vollkommenes Unverständnis löste die Äußerung des tschechischen Staatspräsidenten
Milos Zeman zur Vertreibung aus. Die Vertreibung wäre für die Sudetendeutschen
ein Glücksfall gewesen, „sonst hätten sie wegen des Landesverrates die
Todesstrafe verdient“. Dies ist sowohl menschenverachtend als auch
menschenrechtsverletzend.
Ein Medienecho dazu blieb allerdings in der Bundesrepublik aus. Warum
eigentlich?
Auch die sog. Klaus-Klausel,
gegen die Lissabon-Grundrechts-Charta der EU gerichtet, wird von der EU nicht
weiter verfolgt und ist damit endgültig vom Tisch.
Leider gibt es in Tschechien noch viele kommunistische und nationalistische Kräfte,
die nicht begreifen wollen, was Tschechien einer demokratischen EU-Werte- und
Rechtsgemeinschaft schulden muss. Aber die Zahl geht deutlich zurück.
Adolf
Markus zog auch eine Bilanz aus den Kontakten zwischen der bayerischen
Staatsregierung und der Tschechischen Republik. Einen Kernbereicht bildete dabei
der Nečas-Besuch in München im
Februar 2013.
Vorausgegangen waren ab 2010
Reisen und Gespräche bayerischen Minister und Politiker mit
sudetendeutschen Vertretern wie Posselt und Pany nach Tschechien, mit
Besuchen der Gedenkstätten in Lidice, Theresienstadt und Aussig, z.B. mit
Kultusminister Ludwig Spaenle, Schirmherrschaftsministerin Christine Haderthauer
und Ministerpräsident Horst Seehofer.
Premierminister. Petr Nečas hat klar vor dem Bayerischen Landtag, in einem
offiziellen Staatsakt, gegen die Vertreibung, Enteignung und Kollektivschuld der
Sudetendeutschen gesprochen und nicht versucht, die Vertreibung zu
rechtfertigen. Anders als bei der Deutsch-Tschechischen Erklärung 1997 war
diesmal das Bedauern über das der Sudetendeutschen Volksgruppe zugefügte
Unrecht eingebettet in zahlreiche Gesten und Aussagen, die seine Aussagen verstärkten.
Die Sudetendeutschen Spitzenvertreter waren an der Vorbereitung und Durchführung
des Nečas-Besuches intensiv beteiligt. Die Sudetendeutsche
Vorstandsdelegation auf der Landtags-Besuchertribüne wurde von Nečas mit „werte Landsleute und
ehemalige Mitbürger“ angesprochen und zum gemeinsamen Dialog
eingeladen, der in Europa verankert und unter günstigen Bedingungen stattfinden
soll. Schluss also mit der Schluss-Strich-
Rhetorik und Dialogverweigerung eines tschechischen Staats- Präsidenten Zeman
und mancher deutscher, vor allem Bundespolitiker.
Nečas Aussagen beleuchten die gemeinsamen
historischen, kulturellen und christlichen Wurzeln,
den großen Beitrag der Sudetendeutschen Volksgruppe zu Geschichte und Entwicklung
der böhmisch-mährisch-schlesischen Länder und er thematisiert die Verödung
z.B. der Grenzgebiete infolge der Vertreibung. Der Sudetendeutschen Widerstandskämpfer
gegen den Naziterror wurde von Nečas durch Kranzniederlegung an der Sudetendeutschen Gedenktafel in Dachau ehrend gedacht. Damit ist
eine neue Grundlage bayerisch-tschechisch-sudetendeutscher Zusammen-arbeit und Dialog geschaffen, die Skeptiker vielfach
verstummen lassen.
Eine Umfrage
in Tschechien des Soziologischen Instituts der Akademie der Wissenschaften Prag
zeigt: Für Beibehaltung
der Beneš-Dekrete waren 2002 noc
67 %, 2012 nur noch 49 %. Die Frage, ob die
Vertreibung der Sudetendeutschen gerecht war, antworteten 2002 60 % der
Tschechen mit ja, 2012 hielten dies nur noch 49 % für richtig.
Ergänzend berichtete Margaretha Michel, Mitglied des
Präsidiums der Bundes-versammlung der Sudetendeutschen Landmannschaft von einer
Informationsfahrt nach Schlesien und den starken, sehr aktiven deutschen
Minderheiten, wie in Breslau.
Sie ging auch auf die zwei Millionen Spätaussiedler der Deutschen aus
Russland und deren Integration ein.Im Bundesverband, berichtete Michel weiter,
liegt ein ausgeglichener Haushalt vor. Trotzdem können die Mehrkosten für
einen Sudetendeutschen Tag in Nürnberg nicht mehr geschultert werden. So bleibt
wohl Augsburg auch 2014 als Standort im Gespräch.Qualitativ entwickelt sich der
Sudetendeutsche Tag bereits heute zu einer Sudeten-deutschen Konferenz weiter.
Bedauert wird auch, dass nicht alle politischen Parteien ihren Sitz im
Sudetendeutschen Rat wahrnehmen. Der notwendige Kommunikations-Prozess bleibt
dadurch auf der Strecke. Mehr und mehr erkennt man auch in Tschechien den
Schaden, den Beneś durch seine verfehlte Politik angerichtet hat. Geschädigt
waren und sind die Tschechen, die Sudetendeutschen, die verwilderten
Landschaften, die verfallenen Profan- und Sakralbauten und die verzögerte europäische
Entwicklung. Umso wichtiger wäre eine bundespolitische Unterstützung des
demokratischen Prozesses in Tschechien, ergänzend zu der Vorreiterrolle des
Freistaates Bayern.
Martin Schöffel, MdL, CSU aus Wunsiedel
stellte ebenfalls die Zielrichtung in Europa in den Mittelpunkt seiner Ausführungen.
Die Leistungen der Sudetendeutschen waren und sind immer noch beispielgebend.
Gerade die heimliche Hauptstadt der Egerländer, nämlich Marktredwitz beweist
dies deutlich. „Geschichte muss lebendig bleiben“ führte Schöffel wörtlich
aus. Deshalb machte er den Sudetendeutschen Mut, weiterhin mit Klugheit und
Nachhaltigkeit an ihren Zielen festzuhalten. Ganz im Sinne seiner
Auf-gabenstellung in seiner Region, schlug Schöffel vor, die geplante deutsch-
tschechische Landesausstellung 2016
nach Oberfranken zu holen.
Die
Finanzen des Bezirkes Oberfranken sind geordnet, wie Inge Bauer erläuterte. Im
abgelaufenen Geschäftsjahr konnte ein, wenn auch geringer Überschuss erzielt
worden. Der Haushalt für 2013 ist in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen. Die
Kassenprüfer bescheinigten eine nicht zu beanstandende Finanzführung, weshalb
die Delegierten dem gesamten Bezirksvorstand Entlastung erteilten. In diesem
Zusammenhang referierte Manfred Kees, Bayreuth über die notwendige Umstellung
auf das europaweite „SEPA“ – Zahlverfahren.
Ein
weiterer Höhepunkt der Bezirksversammlung war die Verleihung der
Verdienstmedaille der Sudetendeutschen Landsmannschaft an Herta Mann aus
Weidenberg. Ihr unermüdlicher, erfolgreicher und Jahrzehnte andauernder Einsatz
für die Sudetendeutsche Landmannschaft rechtfertigt diese hohe Ehrung. Herta
Mann ist in Johannesberg, Kreis Gablonz im Sudetenland geboren und entstammt aus
einer Familie mit Glaswarenerzeugung.
Manfred
Kees
02.03.2013
Bericht
des Bezirksobmannes
Pressebericht Sudetendeutsche
Zeitung