Irena Novak, Elmar Schatz und Manfred Kees |
Neues aus der alten Heimat
Vortrag der Vorsitzenden des Kulturverbandes deutscher Nationalität in der Tschechischen Republik |
Der Kulturverband der Bürger deutscher Nationalität in der Tschechischen Republik wurde am 14. Juni 1969 gegründet. Der Verband hat heute rund 1 500 Mitglieder in 20 Grundorganisationen (= örtliche Gruppen), die sich vor allem in Nordböhmen befinden. Dies sind Prag, Schazlar, Wildstein, Graslitz, Falkenau, Weipert, Schmiedeberg, Komotau, Teplitz-Schönau, Aussig, Großschönau, Schluckenau, Georgswalde, Warnsdorf, Haida, Maffersdorf, Gablonz, Neustadt, Trübenwasser – Jungbuch, Trautenau. Diese territoriale Verteilung hängt damit zusammen, dass nur in den Grenzgebieten zur „DDR“ die Gründung des Kulturverbandes erlaubt war. Verboten waren Gründungen in den Grenzgebieten zu Polen, zu Bayern und zu Österreich.
Gespannte Zuhörer |
Irena Novak beim Nordbayerischen Kurier |
Die Hauptidee des Verbandes
liegt in der Erhaltung der Volkskultur und der deutschen Sprache der Minderheit.
Die Gruppen der Deutschen haben sich in dem nordböhmischen Grenzgebiet schon in
den fünfziger Jahren getroffen. Es waren Theater - und Singgruppen oder
Fotozirkel und andere Gruppen.
Der
Kulturverband hat seinen Sitz in Prag, im Haus der nationalen Minderheiten.
Seine Vorsitzende ist Frau Irena Novak. Sie berichtet im Rahmen ihres Vortrages
über das Leben und die Entwicklung der Bürger deutscher Nationalität in der
Tschechischen Republik. Dabei spannte sie ein Bogen über ihre deutschen Eltern
und über den Facharbeiterstatus ihres Vater in Gablonz. Dadurch entging man der
Vertreibung. In der Familie wurde deutsch gesprochen. 1952 wurden alle Deutschen
zu tschechischen Staatsbürgern. Es herrschte ein starker Anpassungsdruck zur
tschechischen Staatsbürgerschaft und der Eingliederung in den Tschechischen
Staat. Irena Novaks Schul- und Berufsausbildung war unproblematisch. So ist sie
heute examinierte Reiseleiterin in Prag, meist für deutsch-sprachige
Reisegruppen. Ihr Mann ist Prager. Die beiden Söhne sprechen, in der zweiten
Sprache besser Englisch als Deutsch. Ihre Generation fühlt sich als Tschechen
mit deutschen Wurzeln. Besondere Unterschiede in den Lebensformen, im Vergleich
zu den Tschechen, vermag sie nicht zu erkennen. Ihr liegt allerdings daran ihre
Wurzeln und die dadurch entstandene eigene Identität nicht zu verleugnen und zu
verlieren. Deshalb ist sie auch Mitglied im Kulturverband. Diese Entwicklung
unterstützt der Tschechische Staat nur sehr eingeschränkt. In Prag steht
zumindest das Haus der nationalen Minderheiten zur Verfügung. Fördermittel
gibt es sehr wenige. Die Zusammenarbeit mit dem zweiten großen Deutschen
Verband, der Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien
ist inzwischen sehr kooperativ. Diese Dachorganisation hat rund 3 500
Mitglieder. Sehr gute Kontakte bestehen zur Sudetendeutschen Landsmannschaft,
vor allem auch zum Sudetendeutschen Büro in Prag. Peter Barton hilft ihr sehr.
Irena Novak
zeigte anhand von Bildern Beispiele von immer noch recht aktiven Gruppen der
deutschen Minderheit aber auch Beispiele für gelungene deutsch-tschechische
Zusammenarbeit.
Wie kann es
weitergehen mit der deutschsprachigen Minderheit?
Nach der
letzten Volkszählung, die im März 2011 stattgefunden hat und den vorläufigen
Ergebnissen, bekannten sich nur noch 18 722 Bürger zur deutschen Nationalität.
1950 waren es noch 165 117 die freiwillig zu deutschen Nationalität standen. Zu
berücksichtigen ist hier allerdings, dass 2,74 Millionen Bürger die Frage der
Nationalität nicht beantworteten. Dies ist rund ein Drittel der Gesamtbevölkerung.
Voreilige
Schlüsse sind also nicht angebracht. Dennoch wird es schwieriger werden, den
Kulturverband als starke Organisation zu erhalten. Hoffnungen auf eine positive
Entwicklung gäbe es nur, wenn es gelingt die grundsätzlich an der Herkunft
ihrer Vorfahren interessierte Junge Generation auch in eine Verbandsarbeit zu
bringen.
Eine
angeregte Diskussion bildete den Abschluss der interessanten Veranstaltung.
Manfred Kees
09.11.2012
Pressebericht Sudetendeutsche Zeitung
Pressebericht aus "Mein Verein"