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Maitanz

Kachelofen von Willy Russ aus Schönfeld/ Krasno in der Burg Eger

Willy Russ

 

Der Geburtsort und ein Atelierstandort des akademische Bildhauers und
Keramikers Willy Russ ist Schönfeld bei Elbogen. Hier erblickte er am
07.07.1887 als Sohn des Musikers und Gastwirts Josef Russ und seiner Frau
Maria (geb. Kessler) das Licht der Welt. Der Vater spielte oft als
Solotrompeter in Kurorchestern. Willy Russ besuchte die Volksschule in
seinem Heimatort. Mit 14 Jahren erhielt er ein Stipendium für ein Studium an
der Keramischen Fachschule in Teplitz-Schönau. Anschließend besuchte er die
Wiener Kunstgewerbeschule und schließlich die Hochschule für angewandte
Kunst. Ab 1910 arbeitete er als freischaffender Künstler in Wien. Hier
heiratete er die ebenfalls aus Schönfeld stammende Anna Ruppert. Sein erster
größerer Auftrag war das Krupp-Denkmal im niederösterreichischen Berndorf.
Es folgte bald darauf die 145 Quadratmeter große figurale Keramikfassade in
der Wiener Warttmannstrasse, wofür ihm von der Stadt Wien eine hohe
Auszeichnung zuerkannt wurde.
Willy Russ kehrte als Invalide aus dem Ersten Weltkrieg zurück und siedelte
1920 mit seiner Familie (eine Tochter) wieder nach Schönfeld zurück. Dort
gründete er eine keramische Kunstwerkstätte. Hier entstanden zahlreiche
Plastiken, darunter das berühmte Goethe-Denkmal in Bronze für Marienbad
sowie Grabmale, Keramiköfen etc. In Luditz lag sowohl der Entwurf als auch
die Ausführung des großen Kriegerdenkmals in seinen Händen (Höhe 6,2 m,
Länge 7,1 m, Christusfigur 2,2 m). Sein wohl bekanntester Auftrag in seiner
Heimat aber war der große Ofen für das Egerer Volkskundemuseum in
Zusammenarbeit mit dem Volkskundler Josef Hanika. Die farbig glasierten
Keramikkacheln zeigen Stadt- und Märktewappen sowie Trachtenlandschaften des
Egerlandes und ein großes „Brauchtum-Programm“ mit Hutzenstube,
Winter-Austragen, Osterreiten, Maibaumtanz, Hochzeitssegen der Eltern,
Kammerwagen, Erntewagen, Kirchweih oder Kindstaufe. Bei der Erfassung der
zahlreichen alten Sinnsprüche war bereits in den 1990er Jahren Seff Heil
behilflich. 1941 bis 1943 entstand dieser Ofen in seinen großen Ausmaßen (3
m lang, 1,5 m tief und 3 m hoch). Heute ist dieses wiedererrichtete Werk auf
der Egerer Burg zu besichtigen.
Nach der Vertreibung 1946 ließ sich Willy Russ zunächst in Irmelshausen, ab
1955 in Kleinbardorf und schließlich ab 1963 in Merkershausen in
Unterfranken nieder. Hier arbeitete in einem bescheidenen Atelier in einem
Bauernhaus. Portraitplastiken, Holz-und Tonreliefs aus dem religiösen und
bäuerlichen Leben entstanden in dieser Zeit. Unter anderem schuf er ein
Tonrelief „tanzendes Bauernpaar“ für den sudetendeutschen Dichter Max
Tandler in Forchheim. 1960 fanden bei einer Ausstellung in Schweinfurt seine
glasierten Keramiken „Trauriger Pierrot“, „Kruzifixus“ und „Stachelschwein“
große Beachtung. Er war inzwischen Mitglied im Berufsverband Bildender
Künstler und beteiligte sich 1972 an der Gemeinschaftsausstellung
„Fränkische Künstler“ im Künstlerhaus am Königstor in Nürnberg. Am Ende
seiner Schaffenszeit griff er verstärkt zu Kohle, Bleistift und Kreide. 1974
verstarb Willy Russ am 27.06.1974. Im Jahr 1997 wurden auf der Ausstellung
„Künstler im Grabfeld“ in Bad Königshofen 11 seiner Arbeiten sozusagen
posthum präsentiert.