Das Strahov- Stadion heute |
Die Hölle des Strahov Stadions
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Das Strahov Stadion befindet sich im Prager Stadtteil Strahov. Erbaut
wurde es im Jahre 1926 in Holzbauweise, worauf Aus- und Umbauarbeiten in den Jahren 1932,
1948 und 1976 folgten.
Zu Zeiten der CSSR war dieses Stadion das größte der Welt (maximal 250.000 Zuschauer).
Heute befinden sich im Innenraum 8 Fußballfelder, davon 6 in Standardgröße! Weiterhin
noch die Geschäftsstelle von Sparta Prag. Die Heimspiele der zweiten Mannschaft von
Sparta Prag und diverse Jugendfußballspiele werden noch im Stadion ausgetragen.
Die Berichte über das Strahov Stadion sind gelb unterlegt.
Strahov Stadion aus der nordöstlichen Ecke |
Sokol- Fest 1932 |
Adresse: |
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Nr. 29: Evakuierung von Brünner Deutschen im April 1945; Internierung in Pribam durch tschechische Aufständische, die Verhältnisse im Internierungslager; Abtransport im Fußmarsch nach Prag, Zustände und Ereignisse im Sammellager Stadion Strahov; Zwangsarbeit in der Landwirtschaft bis zur Ausweisung im April 1946.
Erlebnisbericht
des Dr.-Ing. Kurt Schmidt aus Brünn.
Original, Frühjahr 1957, 20 Seiten, mschr. Der Bericht stützt sich
auf Aufzeichnungen aus dem Jahre 1946.
Seit 1944 war ich Hauptabteilungsleiter und Leiter der chemischtechnischen
Forschungsstelle der Waffen-Union-Skoda-Brünn, Außenstelle Pribram. Im Brünner Werk, wo
ich bis dahin tätig war, hatte ich zusätzlich technische Überwachungsaufgaben. Daher
wohnte meine Familie auch dort.
Im April 1945, als sich die Rote Armee Brünn näherte, begann die
Verlagerung der Entwicklungsunterlagen unseres Werkes nach Pribram. Und mit den hierzu
eingesetzten Lastkraftwagen konnte meine Familie das durch Bombenangriffe und die nahe
Front gefährdete Brünn verlassen. In der Nacht vom 7.8. April verließen wir
unsere Heimatstadt. Entgegen der Anordnung des Abwehrdienstes, die Route über Zwittau zu
fahren, brachten uns unsere tschechischen Fahrer ohne Zwischenfall durch das
Partisanengebiet der Böhmisch-Mährischen Höhe nach Pribram.
Meine Eltern und Schwiegereltern blieben noch in Brünn zurück. Als aber die
Bombenangriffe ständig zunahmen, wurden letztere in einem von der NSV betreuten
Bahntransport für Mutter und Kind und alte Leute, der für den Stadtteil Schwarze Felder
zusammengestellt wurde, Mitte April aus Brünn evakuiert. Der Zug blieb vor Prag liegen,
und da keine Aussicht auf Weiterfahrt bestand, setzten sich meine Schwiegereltern ab und
kamen per Bahn und die letzten 10 km zu Fuß zu uns nach Pribram.
Die Brünner Gemeindebeamten bzw. deren Familien evakuierte man in den Tagen
vom 15.18. April mit Omnibussen der städtischen Verkehrsbetriebe über Iglau nach
Südböhmen. Eine Autobusgruppe, bei der sich meine Eltern befanden, kam bis Rosenburg im
Böhmerwald, von wo sie nach der Besetzung durch die Amerikaner einige Tage später nach
Österreich ausreisen mußten. Meine Eltern gelangten über Linz nach Maria Schmolln bei
Braunau, von wo sie im April 1946 in die amerikanische Besatzungszone Deutschlands
übergeführt wurden.
Durch Pribram, wo wir notdürftig untergekommen waren, zogen Ende April
mehrere Trecks aus Schlesien, die zum Teil durch Tiefflieger schwere Verluste erlitten (in
den solchen Angriffen folgenden Tagen gab es dann Sonderzuteilungen an Pferdefleisch).
Seit dem 28./29. April war die Bahnverbindung mit Prag durch Tieffliegerangriffe
unterbrochen. Auch die telefonische Verbindung mit unserer Generaldirektion in Prag war
nicht mehr herzustellen. Regelmäßig flogen in den letzten April- und ersten Maitagen
einzelne Flugzeuge gegen l Uhr nachts ein; sollen angeblich nach einer
Mitteilung des mir bekannten Ortsgruppenleiters über dem Brdy-Wald Gerät bzw.
Verpflegung für die Partisanen abgeworfen haben.
Um weitere Weisungen unserer Generaldirektion einzuholen, entschlossen wir
uns, Direktor Zestrabek, der Abwehrbeauftrage (Name inzwischen entfallen) und ich, am 30.
April mit dem PKW nach Prag zu fahren. Unseren Vorschlag, nachts zu fahren, weil die
Straße PilsenPrag tagsüber durch Tiefflieger und Partisanen stark gefährdet war,
lehnte unser tschechischer Fahrer S. ab. Er erklärte, wenn er fahre, werde nichts
passieren. So fuhren wir tatsächlich erst nach 6 Uhr morgens ab, gegen 18 Uhr wieder
zurück; die jeweils zweistündige Fahrt verlief ohne Störung. Als wir auf dem Rückwege
mit einer Wehrmachtskolonne in Berührung kamen, bog der Fahrer in ein Waldstück ein und
wartete dort mit der Begründung, nicht gut in Kolonne zu fahren, eine
Zeitlang ab. In den die Straßen säumenden großen Wäldern sollen (nach Angabe
des Abwehrbeauftragten) Partisanen-Sender gewesen sein, die mit den Tieffliegern in
Funkverbindung standen. Unser tschechischer Fahrer S. entpuppte sich dann nach dem
5. Mai als Partisanenführer und rühmte sich mir gegenüber etwa mit den Worten:
Sehen Sie, mit mir konnten Sie sicher nach Prag fahren!
Am 5. Mai 1945, dem Tage, an dem der tschechische Aufstand in Prag begann,
wurde ich mit meiner Familie, meiner Frau und drei kleinen Kindern unter sechs Jahren, in
Pîibram (60 km südwestlich von Prag gelegen) von tschechischen Partisanen interniert und
zusammen mit etwa 300 anderen Deutschen, meist Frauen mit Kindern, davon in der Mehrzahl
Evakuierte und Flüchtlinge aus Schlesien, während der nächsten Tage in einem ehemaligen
Waisenhaus gefangen gehalten.
In einem kleinen Raum waren jeweils fünfzehn bis zwanzig Personen
untergebracht. Es fehlte jede Einrichtung, die wenigen vorhandenen Strohsäcke reichten
kaum für die vielen Kinder. Die Fenster durften nur einmal täglich für eine knappe
halbe Stunde geöffnet werden; trotz drückendster Hitze gab es sonst keine
Lüftungsmöglichkeit. Die Kinder durften einmal täglich für ganz kurze Zeit auf den Hof
und mußten hier wie die Sträflinge im Kreise herumgehen. Erst nach drei Tagen
erhielten wir einmal täglich etwas Suppe; während der ersten Tage wurde kein Brot
ausgegeben.
Für alle Internierten galt Arbeitszwang, und zwar mußten die Männer
Massengräber schaufeln und die Leichen der hingerichteten SS-Angehörigen verscharren. So
mußte z. B. ein Bürokollege von mir, gemeinsam mit einem jüngeren Mädchen, aus einer
Grube, wo die Hinrichtung der in die Hände der tschechischen Partisanen gefallenen
SS-Angehörigen erfolgte, die durch MG und Handgranaten zerrissenen Leichen, die teilweise
schon im Verwesungszustand waren, mit bloßen Händen auf einen Wagen laden, welcher sie
zu den Massengräbern brachte.
Die Frauen wurden auch zu diesen Arbeiten herangezogen. Meine beiden
Schwägerinnen Else Hübner und Marie Prutky z. B. wurden zu Arbeiten in der Leichenhalle
des Krankenhauses gezwungen, wo sie Leichen waschen
Seit dem 9. Mai, als die sowjetischen Truppen einmarschierten, steigerte sich
die Mißhandlung noch weiter. Nach Einbruch der Dunkelheit waren besonders die Frauen den
größten Gefahren ausgesetzt. Die Zimmer des Internierungslagers durften nicht
abgeschlossen werden (die Schlüssel wurden abgenommen). Die Russen kamen und holten sich,
von den Tschechen unterstützt, was ihnen gefiel, wobei sie entsprechende Gewalt
anwandten. So wurde in einem benachbarten Lager, der früheren Berufsschule, eine Frau,
welche sich den Russen nicht fügen wollte, vom dritten Stockwerk in den Hof gestürzt. Im
gleichen Lager wurde eine Frau, deren Kinder sich auch dort befanden, so lange
vergewaltigt, bis sie tot liegen blieb (diese Meldung wurde mir von mehreren Insassen
bestätigt). Vier von den Frauen, welche in der Nacht von den Russen aus dem Lager geholt
wurden, kamen überhaupt nicht mehr zurück, und diejenigen, die zurückkamen, waren
seelisch so zermürbt, daß sie nur den Wunsch hatten zu sterben. Dies geschah in
unserer nächsten Umgebung und in unzähligen solcher Fälle.
Am 12. Mai erschienen unter Führung von tschechischer Gendarmerie
Partisanen, darunter auch Frauen, welche mit vorgehaltener Pistole die Herausgabe des
gesamten Schmuckes, von Uhren, Wertgegenständen, Bargeld bis auf den letzten Heller und
Pfennig, Sparkassenbüchern und Wertpapieren verlangten; auch die Trauringe durften wir
nicht behalten. Pro Person wurde ein Eßbesteck belassen, spitze Messer und Scheren wurden
abgenommen. Was man nicht freiwillig abgab, wurde mit Gewalt genommen.
Um 8 Uhr abends wurde bekanntgegeben, daß am folgenden Tag, das war ein
Sonntag, der Abmarsch in Richtung Prag oder Pilsen erfolgen solle. Und dabei wollte man
uns weismachen, daß wir über die Grenze abgeschoben werden. Handgepäck durfte
mitgenommen werden, alles andere mußte zurückbleiben. Nachts kam noch eine Partie
Gefangener, die wegen Überfüllung des Lagers auf dem Hof und im Stiegenhaus übernachten
mußten.
Am 13. Mai wurde um 5 Uhr früh der Befehl zum Abmarsch gegeben. Für alte
und kranke Personen sowie für Kleinkinder standen einige wenige Wagen zur Verfügung, die
allerdings lange nicht ausreichten, um all die in Frage kommenden aufzunehmen. Es
waren ja in dem Lager vorwiegend Frauen mit Kindern und alte Leute. So setzte sich
der Zug in Richtung Prag in Bewegung, doch niemand wußte ein Ziel. Es herrschte eine
glühende Hitze;
In Doberschich1
war nach 16 km Marsch am Abend die erste kurze Rast auf einer Wiese. Die Einwohner kamen
in Scharen, und wo Gepäckstücke standen, wurden diese untersucht und alles, was gefiel,
herausgenommen. Man forderte uns sogar auf, überhaupt alles liegen zu lassen, da uns
ohnedies alle Sachen abgenommen werden und wir uns das Weitertragen ersparen könnten. Und
um unsere Nerven noch mehr aufzupeitschen, wurden uns die gemeinsten Schreckensbilder
über das uns erwartende Schicksal ausgemalt.
Meine Frau mit den drei Kindern kam noch am gleichen Abend auf einem Wagen
deutscher Soldaten unter, die in die Gefangenschaft nach Prag fuhren. Der Marsch ging auch
in der Nacht weiter. Unterwegs kamen Russen und suchten sich aus, was ihnen gefiel:
Koffer, Taschen und was sonst noch übriggeblieben war, und am liebsten Frauen. Zwischen 2
und 5 Uhr früh wurde im Straßengraben gerastet, doch kam man nicht zur Ruhe. Dann ging
es weiter bis nach Königsaal (Zbraslav), wo auf einer großen Wiese die gehetzten
Menschen gesammelt wurden. Ein polnischer Rot-Kreuz-Angehöriger, der hier bei der
tschechischen Bewachung Dienst machte, meinte mir gegenüber, daß von den ca. 1300 aus
Pribram abmarschierten Menschen etwa 300 diesen Marsch nicht überstanden haben. Er selbst
hatte ein 23 Monate altes Kind im Arm, das er einer im Straßengraben verschiedenen
Mutter abgenommen hat. Wessen Kind war das? Und was ist mit dem Kinde geschehen? Fragen,
die wohl nie beantwortet werden können.
Verpflegung wurde auch auf dieser Rast-Station nicht gegeben, Wasser konnte
trotz drückendster Hitze nur in geringen Mengen aus dem Orte und da nur unter scharfer
Bewachung geholt werden. Im Laufe des Tages wurden in diesem improvisierten Lager in der
Nähe des Eingangs für die Lagerinsassen mehrere Leichen zur Schau gestellt, und zwar von
Frauen mit Kindern, die den Freitod wählten, um den weiteren Qualen zu entgehen, und von
zwei Männern, die beim Fluchtversuch erschossen wurden. Die Nacht in diesem Lager
war erfüllt von peitschenden Gewehrschüssen und MG-Garben, dazwischen angstvolle
Hilferufe und gellende Schmerzensschreie vergewaltigter Frauen.
Am folgenden Tag, dem 15. Mai, wurde Befehl zum Aufbruch gegeben. Sämtliche
Männer im Alter von 16 bis 60 Jahren mußten aber im Lager zurückbleiben, die anderen
wurden auf einer unweit gelegenen Wiese gesammelt. Die Männer wurden von der
tschechischen RG und russischem
Nachdem wir zu den Familien zurückgekehrt waren, wurde der Abmarsch in
Richtung Prag bei drückender Mittagshitze angeordnet. Unter dem Zeichen des Roten Kreuzes
schleppte sich der Zug weiter; nur wenige Wagen waren übriggeblieben, und auf diesen
befanden sich nur die Kränksten und ein Teil der Kinder. Nicht nur einmal wurde eine
Leiche von dem Wagen gehoben und im Straßengraben liegengelassen. Wer noch etwas Gepäck
hatte, warf Stück für Stück in den Graben, nur um mit dem nackten Leben weiterzukommen;
so verlor auch ich mein letztes Hab und Gut. In jedem Ort waren wir Beschimpfungen,
Steinwürfen und auch Schlägen ausgesetzt. Bei manchem Brunnen standen Wachen und
verweigerten uns die Wasserentnahme mit den Worten: Dieses Wasser ist für Pferde und nicht
für Deutsche. Die Hitze wurde immer unerträglicher, und wir waren schon den
dritten Tag ohne Verpflegung.
Bei Einbruch der Dunkelheit
gelangten wir in den Vorort Motol. Hier wurde im Straßengraben bis 2 Uhr früh gerastet,
und dann ging es in der Dunkelheit im Eiltempo durch Prag bis zum Strahover Stadion, wo
wir am 16. Mai um 6 Uhr früh in völlig erschöpftem Zustand anlangten.
Im Strahover Stadion waren
etwa 900010 000 Personen untergebracht, unter freiem Himmel, auf der bloßen Erde.
In den ersten Tagen bestand der Großteil der Lagerinsassen aus Wehrmachtsangehörigen,
zum größten Teil Kriegsverletzte und Kranke, die vom tschechischen Mob aus den
Spitälern herausgeworfen wurden. Die Wehrmachtsangehörigen wurden nach 810 Tagen
in ein anderes Lager gebracht. Es kamen aber laufend weitere Zivilisten hinzu, vorwiegend
Frauen und Kinder, so daß durchschnittlich, laut Aussage des Kochs, der Stand sich
zwischen 900010 000 Personen bewegte, obwohl jeden zweiten Tag etwa 1200 in
Arbeitslager abgeschickt wurden. Von den Neuankömmlingen waren viele aus den in
Prag eingetroffenen Eisenbahnzügen herausgeholt worden. Mir selbst sind zwei Fälle
genauer bekannt: Frau Schlegel aus Leipzig und Herr Dipl.-Ing. E. von Stauden aus Bremen,
beide in Brünn beschäftigt. Die Genannten wurden in Südböhmen, Winterberg bzw. Budweis
interniert, jedoch als Altreichsdeutsche wieder freigelassen und mit Fahrkarten sowie
Bescheinigungen von russischen und amerikanischen Behörden versehen. Bei der Heimreise
über Prag waren sie von den Tschechen wieder interniert worden. Die Deutschen, die über
Prag fuhren, wurden von der RG aus den Zügen geholt und zum Strahover Stadion geschafft.
Von Seiten der Tschechen wurden weder amerikanische noch russische Papiere respektiert.
Auch viele Kraftfahrzeuge und Flüchtlingstrecks sind in der Nähe von Prag abgefangen
worden.
Die Verpflegung im Stadion war
ganz unzureichend. An den ersten drei Tagen gab es überhaupt nichts, später
anfangs unregelmäßig, auch in Abständen von 36 Stunden, dann etwas geregelter
einmal täglich schwarzen Kaffee und eine dünne Suppe, dazu etwa 100 g Brot pro Tag. Als
sich die Todesfälle häuften, wurde für Kinder und Kranke eine Graupensuppe gekocht. Das
Essen wurde gruppenweise (diese sogenannten Trecks umfaßten 400500
Personen) ausgegeben. Die zum Essenempfang notwendigen Eimer, die jeweils, soweit
solche vorhanden waren, von den Internierten zur Verfügung gestellt werden mußten,
wurden vielfach in der Nacht dann auch zu anderen Zwecken benützt.
Die allgemeine Unsauberkeit
und der Mangel an hygienischen Einrichtungen es gab z. B. nur offene Latrinen
mitten am Platz, ohne Unterschied für Frauen, Männer und Kinder, Kranke und Gesunde, wo
es von Insekten wimmelte hauptsächlich auch der große Nahrungsmittelmangel
führten zum Ausbruch der Ruhr. Die Rot-Kreuz-Station hatte ihre Hilfsmittel in den ersten
Tagen vollständig erschöpft, und da von tschechischer Seite keine Medikamente oder
sonstige Hilfsmittel zur Verfügung gestellt wurden, standen die deutschen, ebenfalls
internierten Ärzte der Seuchengefahr machtlos gegenüber. Der Wehrmachtsarzt der
Rot-Kreuz-Stelle sagte mir, daß Kinder unter zwei Jahren und alte
Leute diesen Verhältnissen nicht gewachsen sind und das Lager nicht lebend verlassen
werden. So habe ich selbst dort meinen 15 Monate alten Jungen verloren; die mir hierüber
von der Sanitätsstelle ausgegebene Bestätigung lautet auf Unterernährung (gezeichnet
von Vogt, Unt. Off.). Die Leichen von täglich 1220 Verstorbenen wurden mit einem
Karrenwagen vom Stadion weggeführt, wo sie dann überhaupt hinkamen, konnte niemand
erfahren. So starben die Kinder den Müttern und die Mütter den Kindern. Ich
führte beim Treck König als stellvertretender Treckführer die
Personalmeldungen und Aufnahmen; am 1. Juni 1945 z. B. verlor allein unser
Treck 6 Personen, darunter zwei Kinder und eine Mutter von zwei Kindern. Ein
Rot-Kreuz-Angehöriger in unserem Treck hatte einen zweieinhalbjährigen
Jungen bei sich, den er einer sterbenden Mutter im Lager abgenommen hatte und von dem er
nur eine Adresse wußte.
Über dem Lager standen Hunger
und Tod. Das Zeichen des Todes umsomehr, als vor den Augen des ganzen Lagers Hinrichtungen
erfolgten. Die im Lager entdeckten SS-Leute wurden öffentlich umgebracht. Eines Tages hat
man sechs junge Burschen so lange geschlagen, bis sie am Boden liegenblieben, dann mit
Wasser begossen (dieses mußten die deutschen Frauen holen) und dann weiter geschlagen,
bis kein Lebenszeichen zu sehen war. Die furchtbar zugerichteten Leichen wurden
absichtlich tagelang neben den Latrinen zur Schau gestellt. Ein 14jähriger Junge wurde
mit seinen Eltern erschossen, weil er angeblich mit einer Schere nach einem Rot-Gardisten
gestochen hat. Dies nur einige Beispiele für die damals täglichen, meist durch
Erschießen erfolgten Hinrichtungen. Außerdem gab es auch die Prügelstrafe,
welche meist im Kommandozimmer der RG durchgeführt wurde. Auch Frauen wurden auf den
entblößten Körper mit der Peitsche (Nagaika) geschlagen, so z. B. eine Treckführerin,
die etwas verspätet eine Meldung abgegeben hatte.
Zur Zwangsarbeit wurden Männer und Frauen mit Gewehrkolbenschlägen von der
RG getrieben. Die Arbeit bestand zumeist
darin, die bei den Straßenkämpfen während des Aufstandes in Prag errichteten Barrikaden
zu beseitigen, wobei die Arbeitenden verhöhnt, bespien und mit Steinen beworfen wurden.
Verschiedentlich sind Frauen, vereinzelt auch schwächere Männer von dieser Arbeit nicht
mehr zurückgekehrt. An vereinzelten Arbeitsplätzen, wie Kasernen der Russen, Spitälern
u. ä. erhielten die Arbeitenden manchmal bessere Verpflegung, im allgemeinen aber mußten
auch sie hungern1.
Die wenigen Sachen, die man
noch bis hierher gerettet hatte, wurden auf dem Stadion von der RG, Angehörigen der in
Rußland aufgestellten tschechischen Befreiungsarmee Svoboda (meist
Wolhynien-Tschechen) und russischen Soldaten durchwühlt und weggenommen.Es wurden
auch Schuhe und Stiefel, Mäntel und Kleider ausgezogen, ohne Rücksicht darauf, ob man
nichts mehr anzuziehen hatte. Wer nicht freiwillig hergab, was man verlangte,
wurde durch Schläge dazu gezwungen.
Die Frauen waren hier Freiwild
für Russen und Tschechen; jeder kam und suchte sich aus, was ihm paßte, und wenn die
Kinder um die Mutter schrieen, wurden sie mit Gewalt zur Ruhe gebracht. Wer sich
schützend vor seine Frau hätte stellen wollen, mußte damit rechnen, niedergemacht zu
werden. Die Russen und auch Tschechen nahmen sich oft gar nicht die Mühe, die Frauen
fortzuführen, zwischen den Kindern und vor allen Lagerinsassen vollführten sie ihr
Treiben wie die Tiere. Während der Nächte hörte man das Jammern und Wimmern dieser
armen Frauen. Schüsse knallten von allen Ecken und Enden, die Kugeln flogen über die
Köpfe hinweg. Es herrschte ständiger Lärm, der durch die vielen Menschen verursacht
wurde. Die ganze Nacht über war der Platz durch Scheinwerferlicht hell erleuchtet, und
die Russen ließen immer wieder Leuchtraketen steigen. Die Nerven fanden Tag und Nacht
keine Ruhe, man glaubte in die Hölle geraten zu sein.
Im Rahmen der Abtransporte in Arbeitslager kam ich mit meiner Familie am 3.
Juni 1945 nach Kojetitz (Kojetice), 20 km nördlich von Prag, zum Landeinsatz. Wir waren
insgesamt 63 Personen, vorwiegend Schlesier. Die Leitung dieser Gruppe hatte ich, da ich
mich mit den tschechischen Aufsichtsorganen in tschechischer Sprache verständigen konnte.
Diese Leute sprachen nie ein Wort Deutsch, selbst wenn sie es kannten, und
verlangten sogar von den Altreichsdeutschen, daß diese die tschechische Sprache
beherrschen sollen. Am 5. Juni kam eine weitere Gruppe von 54 Zivilisten aus einem
anderen Lager in Prag. Diese Gruppe arbeitete auf dem Gutshof, wohingegen unsere Gruppe
für zwei große Bauernhöfe Zuckerrüben hacken mußte. Wir selbst waren in einem
Pferdestall untergebracht, auf nassem Stroh; die zweite Gruppe kam in eine offene Scheune.
Gleich bei unserer Ankunft wurden wir in den Stall gesperrt, dieser von außen
verschlossen. In der Ecke stand ein Faß als Ersatz für eine Latrine. Erst nach längeren
Verhandlungen gelang es uns zu erreichen, daß eine Latrine auf dem Hofe von uns errichtet
werden konnte.
Dieser Zustand hielt bis Anfang August an, wo dann ein Teil der beiden
Gruppen (ca. 6070 Personen), und zwar die Arbeitsunfähigen und kinderreichen
Familien abgeschoben wurden. Wir konnten damals nur vermuten, daß man sie nach Prag
geschafft hat. Da mein Schwiegervater und zwei Schwägerinnen zu diesen
fortgeschafften Personen gehörten, erfuhr ich (allerdings erst drei Jahre später), daß
sie dann in Prag zusammen mit anderen arbeitsunfähigen Leuten in offene Kohlenwaggons
gepfercht und an die nordböhmische Grenze abtransportiert wurden (Richtung Bautzen); an
der Grenze wurden sie bei Nacht ausgeladen und ihrem Schicksal überlassen, wobei viele
vor Entkräftung starben, u. a. auch mein Schwiegervater und eine Schwägerin1.
Ein Teil der in Kojetitz verbliebenen 79 Personen wurde auf einige
Bauernhöfe aufgeteilt. Wir anderen kamen in vier dumpfige, lichtlose, nasse Kammern;
zuerst hatten wir nur Strohsäcke, die von unten faulten, später zum Winter bekamen wir
Wehrmachtsbetten. Unser Raum in der Größe von 4 mal 5 Metern wurde von dreizehn Personen
bewohnt, davon sechs Kinder. Das Fenster war ganz klein und die Stube dadurch ständig im
Halbdunkel. Als wir uns dann im Winter, erst bei der größten Kälte, endlich einen
kleinen Ofen beschaffen konnten, mußten wir das Ofenrohr durch die ohnedies zerschlagene
Fensterscheibe führen, da kein anderer Abzug vorhanden war. Und den Ofen konnten wir
bloß mit dem wenig ergiebigen Rapsstroh heizen, das wir uns nach der Arbeit vom
Strohschober holen durften, da wir anderes Material nicht bekamen.
Sämtliche Erwachsenen mußten tagsüber arbeiten gehen. Es wurde weder auf
Alter noch sonstige Umstände Rücksicht genommen, auch die Mütter mußten arbeiten gehen
und die Kinder sich selbst überlassen. Bei schwerster Feldarbeit betrug die Arbeitszeit
im Sommer 1012 Stunden, an Sonntagen und im Winter 8 1/29 1/2 Stunden. Und
dafür wurde kein Heller an uns gezahlt.
An Verpflegung gab es das ganze Jahr hindurch für alle die gleiche
Hungerkost, mit der Ausnahme von drei Wochen während der Getreideernte und zwei Wochen
während der Rübenernte, wo die direkt daran Beteiligten zusätzlich l kg Brot und 250 g
Fleisch pro Woche erhielten. Die Erwachsenen bekamen gewöhnlich eine Brotzuteilung von 7
kg pro Monat, Kinder 4 kg; dazu erhielten wir wöchentlich 35 g Butter und 300 g Zucker,
Kinder unter sechs Jahren noch 1/8 l Milch täglich und wöchentlich 125 g Butter, die
zumeist ungenießbar war. Eier, Mehl und sonstige Nahrungsmittel gab es für Deutsche
nicht, ebenso auch keine Rauchwaren. (Dazu sei noch vermerkt, daß nur das
allernotwendigste Geschirr beigestellt wurde, was sonst noch fehlte, mußten wir uns auf
Abfallhaufen zusammensuchen.) An warmem Essen, das anfangs, ungefähr zwei Monate lang, in
einer Feldküche im Freien, später in einer primitiven kleinen Küche gekocht wurde,
Einzelpersonen, die bei kleineren Bauern arbeiteten und zum Teil auch dort
wohnten, hatten es mit der Verpflegung etwas besser. Die menschliche Behandlung war aber
überall gleich schlecht. Es gab unter der tschechischen Bevölkerung wohl einige, die mit
uns etwas Mitleid hatten, doch trauten sich diese nicht, uns merklich zu helfen, da sie
dann sofort von ändern als deutschfreundlich verschrieen und sogar selbst in ihrer
Existenz bedroht wurden. Dafür bezeichnend war, daß zu Weihnachten vom Gemeinderat
(Národní Výbor) noch ein besonderer Aufruf erlassen wurde, in welchem den Leuten unter
Androhung schwerer Bestrafung verboten wurde, uns irgendeine Unterstützung zukommen zu
lassen oder den Kindern vielleicht irgendwelches Backwerk zu geben. So bekamen wir am
Heiligen Abend den gewöhnlichen schwarzen Kaffee und sonst nichts außerdem.
Dieser allgemeinen Haltung uns gegenüber entsprechend war auch die
Behandlung, die wir erfahren haben. Während der ersten acht Wochen wurden wir von der RG
streng bewacht und zur Feldarbeit immer mit Maschinenpistolen begleitet. Dabei machte sich
die Wache einen Spaß daraus, über unsere Köpfe hinweg auf Vögel oder nach Hasen zu
schießen, um uns in ständiger Aufregung zu halten. Als die Bewachung durch die RG
aufgehört; wurde ein Tscheche namens Vales zum Aufseher ernannt, der uns zu bewachen
hatte und sich auch sonst um alles kümmern sollte. Das einzige, was dieser machte, war,
daß er die Leute zur Arbeit antrieb und bei der Verteilung der ohnedies so geringen
Verpflegungsmengen einen Teil für sich behielt. Sehr roh behandelt wurden wir durch
Vyinský, er zeichnete sich besonders durch wüste Beschimpfungen aus. Die Frauen
wurden von ihm nie anders als deutsche Hure genannt und die Männer mit
Bluthund" bezeichnet. Schläge gab es mehr bei dem Verwalter Marek, der die
Frauen, mit Vorliebe mit der Reitpeitsche, ins Gesicht schlug. Einmal schlug er auf einen
Lagerinsassen mit der Peitsche so lange ein, bis dieser regungslos am Boden liegen blieb.
Als Vorwand dafür genügten ihm meist belanglose Dinge. Dieser Verwalter war der einzige
tschechoslowakische Offizier in dem Orte und gehörte den tschechischen
Nationalsozialisten (Beneschpartei) an. Er spielte sich auch groß auf und veranstaltete
verschiedene Schikanen gegen die Internierten auf eigene Faust. So führte er öfters
Hausdurchsuchungen durch, beschlagnahmte Dinge, die wegzunehmen er gar nicht berechtigt
wat usw. Ein Ansuchen um Arbeitserleichterung in Krankheitsfällen wurde von ihm mit
höhnischen Worten abgewiesen. Auch konnte die Bewilligung
Die Kinder durften sich nicht vor das Tor unserer ärmlichen Behausung wagen,
sofort wurden sie von der halbwüchsigen tschechischen Jugend beschimpft und mit Steinen
beworfen. Ein Jahr hindurch waren meine Kinder diesen Hetzereien ausgesetzt und
dadurch so verschüchtert, daß sie sich am Anfang sogar hier in Deutschland vor fremden
Kindern fürchteten. Auch die Erwachsenen wurden von diesen Kindern verfolgt, mit
Steinen beworfen, mit Stöcken geschlagen und aus Luftbüchsen beschossen. Es kam sogar
vor, daß einige Jünglinge von ungefähr 1415 Jahren am hellichten Tage unsere
Frauen überfielen und zu vergewaltigen versuchten. Gegen dies Treiben der Jugend wurde
von den tschechischen Erwachsenen keineswegs eingeschritten, im Gegenteil. Wenn
sowjetische Soldaten in die Nähe kamen oder am Bahnhof mit Verladearbeiten beschäftigt
waren, haben sogar Kinder, die dafür Bonbons und anderes mehr von den Soldaten bekamen,
diese in das deutsche Lager zu den Frauen geführt oder deren Aufenthalt verraten, da die
Frauen sich dann meist versteckt hielten. Auch Erwachsene beteiligten sich oft an diesem
Geschäft. Und Schutz seitens der tschechischen Wache wurde nicht erteilt, im Gegenteil,
es wurde noch alles unterstützt.
Gleich in den ersten Tagen unseres Aufenthaltes in Kojetitz starb ein noch
nicht zweijähriges Kind an der Folgekrankheit von Masern (Todesursache wurde nicht
festgestellt). Dieses Kind durfte nicht auf dem Friedhof beerdigt werden, sondern mußte
von uns außerhalb des Dorfes hinter dem Strohschober vergraben werden, natürlich ohne
Sarg. Dort lagen schon die Leichen von fünf SS-Männern. Der Tscheche Karl
Leiermann hat sich mir gegenüber gerühmt, diese SS-Leute gemeinsam mit seinem Bruder
umgebracht zu haben. Die Beerdigung dieser Leichen hat ein Deutscher namens Pelz
durchgeführt. Nach etwa vierzehn Tagen starb in unserem Lager die etwa 67jährige
Frau Anderson aus Breslau an Hunger und Altersschwäche, zwei Tage später die Schlesierin
Wittkopp an den gleichen Erscheinungen. Diese beiden Frauen waren evangelisch und es
gelang, den Pfarrer der tschechischen evangelischen Kirchengemeinde in Libi bei
Melnik zu verständigen. Dieser kam ins Lager und veranlaßte, daß die Leichen in
Holzsärge kamen und ordentlich auf dem evangelischen Friedhof in Libi bestattet
wurden. Das gleiche geschah mit der später an Herzschwäche verschiedenen Frau Treske aus
Neiße.
Anders verhielt sich der katholische Pfarrer von Kojetitz. Dieser erlaubte
anfangs nicht, daß die Deutschen die Kirche betreten, und später bewilligte er nur, daß
Sonntagnachmittag eine Andacht besucht wird. Auch sonst hat er jedwede Unterstützung für
die Deutschen abgelehnt. Die später gestorbenen Katholiken sind in Massengräbern ohne
Särge in der Selbstmörderecke des katholischen Friedhofes beerdigt worden. Die zu
Allerheiligen und Weihnachten auf die Massengräber gelegten Blumen wurden entfernt. Auf
dem katholischen Friedhof sind beerdigt: die Männer E. von Stauden (52 Jahre, aus
Bremen), Wieck (46 Jahre, aus Prag), Hollmann (Selbstmord bei der Verhaftung, aus
Kojetitz); die Frauen Marie Prutky (die Mutter meiner Frau, 72 Jahre, aus Brünn), Grosse
(70 Jahre, aus Weißwasser); das Kind Baduschek (4 Jahre, aus Brünn) und ein Säugling
Enders.
Sämtliche elf Todesfälle lagen innerhalb der ersten drei Monate. Diese hohe
Verlustzahl ist nicht allein auf die schlechte Verpflegung zurückzuführen. Einige
Todesfälle hätten bei rechtzeitiger ärztlicher Behandlung verhindert werden können.
Der Arzt, der insgesamt bloß zweimal ins Lager kam, betrat den Stall nicht, aus Angst vor
Ungeziefer, doch wurde zu dessen Bekämpfung von tschechischer Seite nicht das geringste
getan, wir mußten uns selbst helfen, so gut es eben ging. Der Arzt sah die Kranken
überhaupt nicht an und sagte bloß an der Tür, er könne nicht helfen. Der tschechischen
Wache gegenüber äußerte er sich, daß die Deutschen nur alle krepieren sollen. Dieser
Arzt war aus Neratowitz (Neratovice) bei Prag. Meine beiden Kinder
bekamen auch Masern und die kleinere in der Folge Lungenentzündung und
Mittelohrentzündung und lag so mit höchstem Fieber ohne Hilfe in einer zugigen Scheune
auf Stroh. Aber auch während der schweren Erkrankung der Kinder mußte meine Frau von
früh bis abend arbeiten gehen und durfte unter Androhung mit dem Erschießen nicht bei
den kranken Kindern bleiben.
Zum Herbst wurde uns dann bewilligt, nach Libesnitz (Líbeznice), 6 km von
uns entfernt, zum Arzt zu gehen. Dieser verhielt sich einem Arzt entsprechend, untersuchte
die Kranken und schrieb auch Rezepte. Da wir jedoch kein Geld hatten, konnten wir uns die
Medikamente nicht kaufen. Es sollten daher die Heilmittel von der Gemeinde für uns
beschafft werden, doch damit hatte man es nicht eilig. Nur wenn ein Kranker für längere
Zeit für die Arbeit ausfiel, bekam er eine beschränkte Menge des verschriebenen
Medikaments, und dann auch meist verspätet. Als ich z. B. im Februar 1946 vom Arzt für 7
Tage krank geschrieben wurde, da ich eitrige Wunden an den Füßen hatte
(Ernährungsstörungen), erhielt ich vom Arzt auch ein Rezept für eine Wundsalbe, doch
diese bekam ich erst nach 12 Tagen, während ich bereits nach 7 Tagen wieder arbeiten
gehen mußte! Meine Frau war im März 1946 ebenfalls mit eitrigen Wunden an den Füßen
und Kreislaufstörungen arbeitsunfähig liegen geblieben. Ein Ansuchen, den Arzt zu holen,
wurde abgelehnt, zum Arzt zu gehen (mit der Bahn durften Deutsche nicht fahren) vermochte
die Kranke nicht, aber eine Überweisung in ein Krankenhaus war wieder nur durch den Arzt
möglich, nachdem er die Patienten
Vierzehn Tage vor unserem Abtransport nach Prag wurden wir noch aus dem bis
dahin bewohnten Raum herausgeworfen, da dieser für zu erwartende Slowaken hergerichtet
werden sollte, und wieder in dem gleichen Stall wie zu Beginn untergebracht. So mußten
wir noch die letzten Tage im März 1946 und besonders die sehr kalten Nächte im offenen
Stall verbringen. Ein Ofen wurde uns wegen angeblicher Feuergefahr verweigert, auch dies
eine weitere Schikane des Verwalters.
Am 6. April kamen wir in Prag an und wurden im Lager halbwegs menschlich
aufgenommen. Die Behandlung und Verpflegung (hauptsächlich für Kleinkinder) waren etwas
besser, die Arbeitskommandos meist gut und mit genügender Verpflegung, denn es fehlte in
Prag an Arbeitskräften bzw. arbeitswilligen Tschechen.
Am 24. April wurden Familien mit Kindern und Arbeitsunfähige aus dem Lager
Hagibor (insgesamt 200 Personen, der Gesamtbestand des Lagers betrug 12001400
Personen) in das Abschublager Modran geschafft, wo es wiederum mit Unterkunft und
Verpflegung schlecht bestellt war. In einer kleinen Holzbaracke für etwa 100 Personen
waren 350 Männer untergebracht!
Im Lager Modran wurden wir dann zur Aussiedlung abgefertigt. Wir erhielten RM
1000 in bar sowie einige sehr schäbige, z. T. sogar blutverschmierte Kleidungsstücke
(soweit ich mich erinnere, für mich eine Turnerjoppe und zwei schadhafte Unterhosen, für
meine Frau Fragmeute eines Dirndls und für den Jungen das beste Stück, eine Lederhose),
dazu pro Person eine alte Wehrmachtsdecke. Da ich von meiner Habe, soweit ich sie nicht
schon bei der Internierung hatte zurücklassen müssen, fast alles auf dem Marsch von
Pribram nach Prag und im Strahover Stadion eingebüßt hatte, die verbliebenen
Kleidungsstücke während der Arbeit in der Kojetitzer Zeit weitgehendst zerschlissen
waren, besaßen wir auch nicht das für die Aussiedlung vorgeschriebene Mindestgepäck.
Von tschechischer Seite wurde aber nichts unternommen, um einen Ersatz dafür und die zum
Abschub vorgesehene Ausstattung (doppelte Garnitur) zu stellen. Es wurde jedoch besonderer
Wert darauf gelegt, daß jeder erklärt, er verlasse die Tschechoslowakei
freiwillig, was unter den gegebenen Verhältnissen natürlich allgemein bejaht
wurde.
Am 1. Mai 1946 erfolgte unser Abtransport: 1200 Personen wurden in 40 Waggons verladen und als Transport D" nach Bayern ausgefertigt. Als Verpflegung auf den Weg bekamen wir etwas Wassersuppe, 1/8 Brot und eine Schnitte Kuchen, unterwegs noch zweimal leere Suppen. Und dann überschritten wir am 2. Mai die tschechoslowakische Grenze bei Wiesau, wo wir vom Bayerischen Roten Kreuz in vorbildlicher Weise aufgenommen wurden.
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