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Die Teilnehmer vor der Technischen Nationalbibliothek

Reise nach Prag der Kreisgruppe der Sudetendeutschen Landsmannschaft Kreisgruppe Bayreuth

vom 27. März 2012 – 29. März .2012

Reisebericht im Nordbayerischen Kurier Bayreuth

Reisebericht Sudetendeutsche Zeitung

Ein Reisebericht:

Eine sehr gelungene Pragfahrt erlebten 22 Teilnehmer der Kreisgruppe Bayreuth vom 27. bis 29. März 2012. Margarete Michel hatte die Fahrt vorbildlich organisiert. Ziel war insbesondere Prag 6, ein Opfergedenken am Neuen Jüdischen Friedhof, eine Gedenkfeier für die Opfer des Krieges und der Vertreibung im Kloster Breunau (Brèvnov Brevnov), Besuch im Haus der nationalen Minderheiten, Diskussion mit Josef Škrábek und Germanistikstudenten der Karls -Universität Prag, Empfang der Stadt Prag 6, Besuch der Deutsch-Englischen Handelsakademie und des Sudetendeutschen Büros mit Peter Barton sowie einer Stadtrundfahrt durch Prag 6 und einer Schiffsrundfahrt auf der Moldau.

Eingeladen zu dieser Fahrt hatte ursprünglich Dr. Krupka bei der Ausstellung Prag 6 in Bayreuth. Ein Referent aus dem Rathaus Prag 6, welcher aber inzwischen leider nicht mehr dort tätig ist. Seine Funktionen für unsere Reise übernahm überwiegend Dr. Helena Chmelírová, unsere deutsch sprechende Reiseleiterin.

1. Tag

22 Teilnehmer saßen erwartungsfroh im Bus, bei guter Stimmung und „Kaiserwetter". Pegnitz, Creußen, Bayreuth, Warmensteinach und Fichtelberg waren die ersten Anlaufstationen. Vorbei an Schirnding, Hohenberg an der Eger (Sudetendeutsches Sozialwerk),

vorbei an Eger, Karlsbad, Buchau und auf der E 48 erreichten wir Prag.

Dr. Goldhammer erklärte uns während der Fahrt die Geschichte der Juden in Prag. Neben den langen Zeiten des friedlichen Nebeneinanders der Tschechen, der Deutschen und der Juden kam es aber auch in Prag immer wieder zu Judenverfolgungen und Pogromen. Die Juden sind ungefähr im 10. Jahrhundert in die Böhmischen Länder gekommen. Besonders im Mittelalter waren die jüdischen Gemeinden autonom und bildeten in den Städten eine Gesellschaft für sich (Ghetto, Josefstadt). So ein goldenes Zeitalter der jüdischen Gemeinde in Prag kam unter den Habsburgern vor allem unter Rudolf II. und auch unter Matthias (Kaiser des Heiligen Römischen Reiches), als die Juden geachtet und geschätzt wurden. Das war die Zeit, als hier in Prag Rabbi Löw lebte (Sage vom Golem). Erinnert wurde auch an die jüdische Literatur von Franz Kafka, Franz Werfel und Max Brod. Heute bekennen sich rund 1 600 Prager zum jüdischen Glauben. Prag hat derzeit rund 1,22 Millionen Einwohner.

Gegen 13.15 Uhr sind wir im Hotel Avion, etwa 5 km vom Zentrum entfernt, angekommen. Uns erwartete ein schmuckes Mittelklassehotel und es gab für Alle Gulasch im Brotleib. Uns empfing Helena, unsere Reiseleiterin und führte uns in die üblichen organisatorischen Reisebedingungen ein. Kronen erhielten wir im Hotel 1:22, der offizielle Umtauschkurs lag bei 1 : 24.

Das Wetter, um auch dies zu erwähnen, war „bombig" immer mit Sonnenschein ohne Regen. Dies änderte sich erst am letzten Tag mit einem Kälteeinfall.

Mit dem Bus erreichten wir nach Überquerung der Moldau und einer kleinen Stadtrundfahrt mit sehr starkem Verkehrsströmen den Neuen Jüdischen Friedhof. Hier gedachten wir in einer kurzen Gedenkfeier der jüdischen Opfer während der NS-Zeit und besuchten das Grabmal von Franz Kafka. Diese Gedenkfeier hatte Diakon Dr. Karl-Werner Goldhammer gekonnt vorbereitet und mit uns durchgeführt. Erwähnt sind die Namenstafel in an der Pinkas-Synagoge am alten Jüdischen Friedhof in Prag. Diese trägt an ihren Wänden die Namen, Geburts- und Vernichtungsdaten der 77 297 Juden aus Böhmen und Mähren, die den nazistischen Mordaktionen zum Opfer fielen. Der Besuch des Neuen Jüdischen Friedhofes hat uns doch sehr beeindruckt.

Der nächste Programmpunkt war der Besuch des Haus der deutschen Minderheiten.

Begrüßt und mit uns diskutiert haben Magister Jakub Štedron , der Direktor des Hauses, Magister Martin Dzingel, der Präsident der Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien, der Buchautor Josef Škrábek und zahlreiche Germanistik Studenten der Karls - Universität Prag. Die Anwesenheit seiner Kollegen-Kolleginnen und einigen Pädagogen hat Ondrej Chmelir, der Sohn der Reiseleiterin Helena organisiert. Vor allem das Interesse der Germanistik Studenten war groß, aber doch mit deutlichen Lücken über die Geschichte der Deutschen und deren Vertreibung. Josef Skrabek, der Vater von Helena, unserer Reiseführerin schilderte uns aus seiner Sicht das Verhältnis der schwierigen Nachbarschaft zwischen Deutschen und Tschechen. Er ist Autor des autobiografischen Essay „Die gestrige Angst". Darin schildert er aus einer sehr persönlichen Perspektive die deutsch-tschechische Nachbarschaft im 20. Jahrhundert. Seine Mutter war Deutsche, sein Vater Tscheche. Geboren ist Josef S?kraìbek 1928 in Waltsch bei Karlsbad. Seine Schlussfolgerungen sind für uns Sudetendeutsche sehr gewöhnungsbedürftig. Vor allem die Verteidigung von Benes? und seinen Taten fand bei uns doch erheblichen Widerspruch. Trotzdem sollte man sich mit seinem Werk auseinandersetzen und auch andere Sichtweisen respektieren.

2. Tag

Vor der Technischen Nationalbibliothek begrüßte uns Dr. Buchta , zuständig für Internationale Beziehungen, im Auftrag der Bürgermeisterin Frau Dipl.-Ing. Marie Kousalíková. Die Begrüßung fiel sehr kurz und unpersönlich aus. Weder die Städtepartnerschaft zu Bayreuth noch die Anwesenheit der Sudetendeutschen Landsmannschaft hat Dr. Buchta erwähnt. Wir waren schon etwas betroffen. Als Gastgeschenk brachten wir einen Glaswürfel mit dem Relief der Bayreuther Eremitage mit. Helmut Hempel hatte diesen Glaswürfel im Vorfeld besorgt.

In Bayreuth sind wir uns, Dr. Buchta und der Verfasser, zur Ausstellungseröffnung der Künstler aus Prag 6 am 04. April 2012 wieder begegnet. Für die kurze Begrüßung in Prag bat er um Nachsicht, wegen seiner angeschlagenen Gesundheit. Vorbehalte gegenüber uns Sudetendeutschen hat er nicht geäußert.

Sehr imposant war anschließend die Besichtigung der neuen Technischen Nationalbibliothek im Stadtteil Prag 6. Der hochmoderne Bau enthält in Tschechien die größte Sammlung an Literatur zu den technischen Bereichen, aber auch zu Chemie, Mathematik und Physik.

Es steht ein Raumangebot von über 50 000 qm zur Verfügung. Eingerichtet ist ein 24-Stunden-Dienst, also kann die Bibliothek rund um die Uhr genutzt werden. Offen, freundlich, kräftige Farben, Sichtbeton, freie Versorgungsleitungen und viele Benutzerplätze ist wohl das Fazit des ersten Eindruckes.

Ein weiterer Höhepunkt erwartete uns beim Besuch der privaten Deutsch-Englischen Handelsakademie gegenüber dem Eingangsbereich der Klosteranlage Breunau. Uns begrüßte der Schulleiter in perfektem Deutsch. Die Handelsakademie bereitet ihre Schüler auf das Abitur, mit der Studienrichtung zur wirtschaftswissenschaftlichen Ausbildung vor. Wir durften auch an einer Deutschstunde teilnehmen.

Was uns auffiel: Alle Schüler sind sehr höflich, sehr adrett gekleidet und soweit bei dem kurzen Besuch erkennbar sehr aufgeschlossen. Ein prima Eindruck.

Auch bei den zahlreichen Straßenbahnfahrten fiel uns die Höflichkeit der jungen Generation auf. Sie stehen auf und machen der älteren Generation bereitwillig Platz. „Na so was !"

Wir mussten nur eine Straße überqueren um zum Benediktinerkloster Stift Breunau Brevnov mit der barocken Klosterkirche St. Margareta zu kommen. Zusammen mit Pfarrer i.R. Leo Seewald und dem Diakon Dr. Karl-Werner Goldhammer gedachten wir in der Licht durchflutenden Kirche in sehr feierlicher Gestaltung in besonderer Weise der Opfer unserer beiden Völker Tschechen und Deutsche, die zwischen 1938 und 1947 Opfer von brutaler und sinnloser Gewalt wurden. Wir gedachten unserer verlorenen Heimat und an all jener Menschen, die ihr Hab und Gut verloren haben und besonders an die, die sich aus Kummer darüber das Leben nahmen oder auf dem Transport zu Tode gekommen sind. (strahov_stadion.htm) Dennoch sollte unser Leben im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung und Annäherung unter beiden Völkern stehen. Wir sind aufgerufen, für den Frieden unter den Menschen in Europa und in der Welt einzutreten.

Im Anschluss an die stimmungsvolle Gedenkfeier besichtigten wir das ursprünglich mit Mönchen aus dem bayerischen Kloster Niederaltaich besiedelte Kloster. Die heutige Kirche entstand 1708 – 1740 nach Plänen von Christoph Dientzenhofer. Unter dem Chorraum der Klosterkirche ist noch Mauerwerk der teilweise erhaltenen dreischiffigen romanischen Krypta zu besichtigen. Das Deckenfresko im Prälatensaal des Klosters schuf Cosmas Damian Asam.

Die gut renovierte Klosteranlage gab der Tschechische Staat inzwischen an die Katholische Kirche zurück und im Kloster herrscht wieder ein aktives Klosterleben.

Das Kloster wurde 1990 den Benediktinern zurückgegeben und dann erst kam die Hilfe des Staates und der Stadt Prag 6. Im ursprünglichen Kloster wirkte auch der hl. Adalbert und in der Kirche befindet sich das Grab des hl. Günther.

Das anschließende Mittagessen fand in der Klostergaststätte Breunau statt. Es gab „Brambory s uzenym masem a kysanym zelim" also rohe Kartoffelpuffer mit Sauerkraut gefüllt und dazu geräuchertes Schweinefleisch. Große Portionen und gewöhnungsbedürftig.

In der folgenden Stadtrundfahrt durch Prag 6 waren wir gut in der Lage, das üppige Essen zu verdauen und „Der" oder „Die" konnte dies durch ein kleines Nickerchen durchaus verstärken. Prag 6 hat mehr als 100 000 Einwohner und erstreckt sich auf ein Gebiet von 40 qkm. Am Weißen Berg liegt es mit 380 Metern und an der Moldau mit 177 Metern über dem Meeresspiegel. Prag 6 bietet eine hochwertige Wohnarchitektur, es enthält mehrere Theater und Galerien und zählt insgesamt mehr als 150 Kulturdenkmäler. Dazu gehört auch das Lustschloss Stern (Hvezda) mit seinem Gehege und mit dem bemerkenswerten Schlachtfeld Weißer Berg (1620), das Kloster Breunau (Brevnov), die Siedlung Baba von 1932 im Stil des Funktionalismus (Bauhausarchitektur, Walter Gropius, Weimar), es bietet zahlreiche Freizeiteinrichtung, fünf Universitäten, und hat die meisten Auslandsvertretungen von Prag. Ausgedehnte Flächen der Parks, Grünanlagen mit Kinderspielplätzen und Denkmälern prägen den Charakter von Prag 6 als einem "Grünen Viertel".

3. Tag

Die Zeit verging wie im Fluge und schon war der dritte Reisetag angebrochen. Wir besuchten Peter Barton und damit das Sudetendeutsche Büro in der Thomasgasse.

Peter Barton begrüßte uns sehr herzlich, zusammen mit seiner Mitarbeiterin und Frau Irena Novak vom Kulturverband der Bürger deutscher Nationalitäten der CR. Er berichtet über die neueste Entwicklung in der Tschechischen Republik. Deutlich kann man inzwischen eine Veränderung in der Auffassung der Tschechen zur Vertreibung und den damit verbundenen Gewalttaten feststellen. Vertreibung ist kein Tabuthema mehr. Sicher bleibt der „große Durchbruch" noch aus, aber auch durch den Besuch des Bayerischen Ministerpräsidenten, Horst Seehofer, schmilzt das Eis. Mit der geringen personeller Besetzung versucht Peter Barton gute Kontakte zu pflegen und ein Netzwerk an Verbindungen aufzubauen. Dass dies inzwischen sehr erfolgreich läuft, berichtet die Sudetendeutsche Zeitung Woche für Woche.

Auch Irena Nowak, sie ist Reiseleiterin, stammt aus Gablonz und ist Vorsitzende des Kulturverbandes der Bürger deutscher Nationalität der CR informierte über die vielen Schwierigkeiten für die Bürger deutscher Nationalität und die Finanzierung ihres Kulturverbandes. Bei der letzten, noch nicht offiziell bekannt gegebenen Volkszählung, haben sich noch rund 16 000 Bürger zum Deutschtum bekannt (in Tschechien gibt es ca 25.000 „Neudeutsche" – Unternehmer, Lehrer, Redakteure und auch Rentner * etwa 100.000 Bürger haben doppelte Staatsangehörigkeit). Die Zahl der Bürger deutscher Nationalität dürfte aber deutlich höher liegen, weil insgesamt 2,7 Millionen keine Angaben zur Nationalität gemacht haben.

Mit einem anschließenden Rundgang auf der Kleinseite zum Rudolfinum (Philharmonie) , mit dem Bronzedenkmal von Antonin Dvorak (1841 – 1904) vorbei am alten Jüdischen Friedhof begaben wir uns zu einer Moldau-Schiffsrundfahrt mit einem reichhaltigen Kalt-Warmen-Büfett.

Vermerkt sei auch noch, dass einige Unentwegte unter der Führung von Dr. Goldhammer an den beiden Abenden das Programm noch durch umfangreiche Stadtrundgänge eigenständig erweiterten. Wir sahen so vieles vom nächtlich erleuchteten Prag wie den Wenzelsplatz, den Graben, den Altstädter Ring, den Hradschin, den großen Burgberg mit dem Veitsdom, die Karlsbrücke, die Kleinseite, St. Nikolaus auf der Kleinseite, um nur das Wesentlichste zu nennen.

Die Heimreise führte uns noch über Elbogen (Loket) mit Kaffeepause und kleinem Stadtrundgang.

Der aus dem Geschlecht der Luxemburger stammende König und spätere Kaiser Karl IV soll sich häufig in Elbogen aufgehalten haben. Auf Befehl seines Vaters war er als Kind in der Burg zeitweise mit seiner Mutter gefangen gehalten worden. Der Sage nach hat Karl IV. bei der Jagd in den Wäldern von Elbogen heiße Heilquellen entdeckt und eine Stadt gegründet, das spätere Karlsbad.

Fazit:

Die Reise war gut vorbereitet, gut organisiert und es herrschte eine angenehme Atmosphäre. Vor allem Dr. Goldhammer und Margarete Michel haben gut geführt und informiert. Prag ist bestimmt eine Reise wert.

Auch wenn uns politisch oder heimatpolitisch kein großer Durchbruch gelang, waren doch die zahlreichen persönlichen Kontakte wichtig. Unsere sudetendeutschen Anliegen sind in der breiten Öffentlichkeit und offensichtlich bei den Sudetendeutschen selbst, nicht sehr aktuell. Deshalb sind weiterhin kleine Schritte notwendig, damit wir nicht auch noch aus der Geschichte vertrieben werden. Ein Baustein dazu war die Pragreise der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Kreisgruppe Bayreuth.

Manfred Kees

07.04.2012

 

Wer sich eingehender informieren möchte sollte die nachfolgenden Links verwenden:

01 Sudetendeutsches Büro Prag: www.sks-praha.com/de

02 Landesversammlung der Deutschen in Böhmen,

Mähren und Schlesien: www.landesversammlung.cz

03 Kulturverband der Bürger deutscher

Nationalität der CR www.kulturverband.com/

04 Haus der Nationalen Minderheiten in Prag: www.dnm-praha.eu

05 Stadtverwaltung Prag 6: www.praha6.cz/gr/Im Cache - Ähnliche Seiten

 

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An Kafkas Grab

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Kafkas Grab

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Neuer jüdischer Friedhof

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Neuer jüdischer Friedhof

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Unsere Reisegruppe

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V.l. Dieter Lux, Hermann Köhler, Pfarrer Leo Seewald

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Vor der Gedenkfeier am jüdischen Friedhof

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Dr. Goldhammer

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Im Haus der nationalen Minderheiten

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Am Sudetendeutschen Büro in der Thomasgasse

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Gruppenfoto mit Peter Barton

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Rudolf Kiesewetter

 

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Deutsch- Stunde

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In der technischen Nationalbibliothek