Auf ins Erzgebirge - Sudetendeutsche Landsmannschaft Bayreuth

Sudetendeutsche Landsmannschaft
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Auf ins Erzgebirge

Das Jahr 2019 + 2020
Sudetendeutsche am winterlichen Erzgebirgshauptkamm

Die Sudetendeutsche Landsmannschaft Bayreuth war am Mittwoch, 19. Februar 2020 ins winterliche Erzgebirge aufgebrochen. Schnee ja oder nein? Jedenfalls hofften 50 Teilnehmer darauf.

Die Reiseroute führt über Waldsassen, Eger, Elbogen, Joachimsthal, Gottesgab zum Fichtelberg/Sachsen. Erste Station war die Dreifaltigkeitskirche Kappl bei Waldsassen im Stiftsland. Eine nach Plänen von Georg Dientzenhofer, auf 599 m. ü. NN errichtete Wallfahrtskirche, geweiht der Heiligen Dreifaltigkeit. Eine der eigenartigsten Kirchenschöpfungen Deutschlands. In dem barocken Zentralbau, erbaut 1685–1689, ist die göttliche Dreifaltigkeit sinnbildlich und konsequent dargestellt. In allen Bauteilen dominiert die Zahl drei. Im Außenbau ist der Gedanke der Dreieinigkeit in den drei Türmen und den drei Dachreitern mit Zwiebelhauben versinnbildlicht. Zur Betrachtung des barocken Kirchenraumes erklangen, aus der mitgebrachten Lautsprecheranlage, Auszüge aus Werken von Henry Purcell, von Johann Sebastian Bach und von Josef Haydn. Ein kleiner musikalischer Höhepunkt für die Besucher. Den Abschluss bildete, gesungen von der Reisegruppe, der Kanon „Lobet und preiset ihr Völker den Herrn“. Bühnenreif!
Fast unbemerkt blieb es, dass im Jahre 1997 der damaligen Egerer Pfarrer – jetzt Abt vom Stift Tepl - Filip Zdeněk Lobkowicz, die Egerer Wallfahrt zur Kapplkirche neu begründete. Seitdem führt der Abt alljährlich die Pilger, singt mit fester Stimme und hält bei jeder Station eine kurze Predigt.
Die weitere Reisroute führte vorbei an Eger mit rund 32.000 Einwohnern; im Hoch- und im Spätmittelalter eine selbstständige Reichsstadt im Heiligen Römischen Reich. 1167 kam Eger in den Besitz des staufischen Kaisers Friedrich Barbarossa. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde hier am 25. Februar 1634 Albrecht von Wallenstein ermordet. Am 1. Oktober 1933 gründete Konrad Henlein in Eger die Sudetendeutsche Heimatfront mit dem Ziel der „Zusammenfassung aller Deutschen“ in der Tschechoslowakischen Republik. Diese Partei musste sich 1935 in Sudetendeutsche Partei umbenennen und wurde bei den Parlamentswahlen im gleichen Jahr zur stärksten Gruppierung im Grenzgebiet. 1954 übernahm die Stadt Amberg die Patenschaft für die vertriebenen Sudetendeutschen aus der Stadt und dem Kreis Eger. Im Sommer 2006 veranstaltete Eger zusammen mit Marktredwitz die Grenzenlose Gartenschau 2006. Eger ist noch immer Bahnknotenpunkt und hat eine Schnellstraße nach Prag.
Die Reisroute führte weiter entlang des Egergrabens, vorbei am Kammerbühl, einem der wenigen in prähistorischer Zeit, aktiven Vulkane in Tschechien bis weiter nach Elbogen. Auch Johann Wolfgang von Goethe stellte am Kammerbühl geologische Studien an. In der Nähe soll auch die geographische Mitte Europas sein.
Die Reisegruppe erreichte danach Elbogen, eine Stadt mit rund 3000 Einwohnern. Die gesamte historische Altstadt steht als Denkmalsreservation unter besonderem staatlichen Schutz. Wegen seines Stadtbildes wurde Loket, wie die Stadt heute heißt, auch oft als Böhmisches Rothenburg gerühmt. Die Stadt ist ein traditionelles Ausflugsziel der Kurgäste von Karlsbad. Sie liegt auf einer Höhe von 470 m auf einem Granitrücken, der auf drei Seiten von der Eger umflossen wird. Daher der Name Elbogen (Loket).

Kaiser Karl IV. aus dem Hause Luxemburg, war als Kind hier einige Monate mit seiner Mutter verbannt. Er löste die von seinem Vater verpfändete königliche Veste wieder aus und erhob den Ort Elbogen nach Egerer Recht zur Stadt. Bekannt ist auch das Freilichttheater an der Eger. Goethe feierte 1813 hier seinen 74. Geburtstag. Die Reisegruppe genoss dagegen das Mittagessen im historischen Lokal Heiliger Florian (Svatý Florián) mit angeschlossener Familienbrauerei.
Nach dem Mittagessen erreichte die Reisegruppe, der Eger bis Karlsbad folgend, schließlich die alte Bergstadt Sankt Joachimsthal. Ihre Berühmtheit verdankt Sankt Joachimsthal dem Fund beträchtlicher Silbervorkommen. Diese stiegen im Jahr 1516 sprunghaft an und aus einer vordem bestehenden bergmännischen Ansiedlung stieg Sankt Joachimsthal zur bedeutendsten Bergstadt im gesamten Erzgebirge auf. Die hohen Profite aus dem Silberbergbau trugen dazu bei, dass sich in der Hochzeit des Bergbaus, ab der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, ein bedeutender Komplex einer im spätgotischen und Renaissancestil gehaltenen Stadtarchitektur herausbildete, der größtenteils bis in die Gegenwart erhalten ist.
1533 erreichte der Silberbergbau mit 241.875 Talern seine größte Ausbeute, im folgenden Jahr hatte die Stadt 18.200 Einwohner in 1200 Wohnhäusern und über 900 Bergwerke mit ca. 100 zugehörigen Gebäuden, in denen 9200 Bergleute arbeiteten.
Die überregionale Bedeutung des „Joachimstalers“, im Deutschen zu Taler verkürzt, zeigt sich an der Übernahme des Wortes in andere Sprachen. Dabei wurde jeweils nur die eine Hälfte des Wortes übernommen. Aus dem zweiten Bestandteil des Wortes leiten sich ab, tschechisch tolar, polnisch talar, italienisch tallero, niederländisch daalder und englisch dollar. Das Wort Dollar stammt so von der deutschen Münzbezeichnung Taler, dem „Joachimstaler“ ab.
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann das tschechische Bergbauunternehmen Jáchymovské Doly (JD) mit der Erkundung und dem Abbau von Uranerzen. Zweck war der Urangewinnung für das sowjetische Atombombenprojekt und die entstehende sowjetische Atomindustrie. Als Arbeitskräfte dienten Zwangsarbeiter. Zunächst waren dies deutsche Kriegsgefangene und nichtvertriebene Einwohner, nach dem Februarumsturz von 1948 politische Häftlinge, inhaftiert durch das Regime der KP der Tschechoslowakei, sowie zwangsverpflichtete Zivilarbeiter.
Zur Unterbringung dieser Arbeiter wurden im Gebiet mehrere „tschechoslowakische Gulag“. errichtet. Mit knapp 50.000, darunter über 10.000 politischen Häftlingen, erreichten die 18 Lager um 1955 ihre höchste Belegungszahl. Insgesamt durchliefen die Lager rund 100.000 politische Häftlinge und über 250.000 Zwangsverpflichtete. Vermutlich hat etwa die Hälfte von ihnen die Bergarbeit nicht überlebt. 1964 wurde der Uranabbau eingestellt.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Zuge des Bergbaus entdeckte, radonhaltige Quellen begründeten einen bis in die Gegenwart bedeutenden Kurbetrieb sowie den Status der Stadt als ältestes Radiumsol-Heilbad der Welt. Als Heilmittel dienen radonhaltige Grubenwässer aus dem ehemaligen Uranerzbergwerk, Grube Einigkeit, Naturgas und Moor.
Sankt Joachimsthal hat heute rund 2 500 Einwohner.
Über Spitzkehren mit fast alpinem Charakter, brachte der Bus die Reisegruppe nach Gottesgab. Die alte Bergstadt ist ein bedeutendes Wintersportzentrum im Erzgebirge und gilt als die höchstgelegene Stadt in der Tschechischen Republik. Die Stadt liegt in Westböhmen auf einer Hochebene auf dem Erzgebirgskamm in einer Höhe von 1028 m. Nördlich des Ortes verläuft die Grenze zu Sachsen. Östlich erhebt sich der Keilberg mit 1243 m, die höchste Erhebung im Erzgebirge und auf sächsischer Seite der 1225 hohe Fichtelberg.
Im Jahr 1930 hatte Gottesgab 1070 Einwohner. Davon waren 19 Tschechen. Heute leben dort 253 Einwohner.
In Gottesgabe lebte und wirkte Anton Günther (* 5. Juni 1876, † 29. April 1937) der bekannte deutsche Volksdichter und Sänger des Erzgebirges. Er gilt als Erfinder der Liedpostkarte. Weltweit bekannt sind seine Lieder und es gibt sehr wenig Menschen, die sein Lied „`s is Feieromd“ nicht kennen.
Hier in Gottesgab erreichte die Reisegruppe die Schneegrenze. Ein heftiger Schneesturm setzte ein und im Nu war die Straße zugeweht und die Sicht deutlich eingeschränkt. Die Grenzbaude war schwer zu erkennen. Die Frage Schnee ja oder nein war geklärt. Starke Windböen und kräftiges Schneetreiben auch am Fichtelberg bei Oberwiesenthal. Er ist mit 1225 m der höchste Berg in Sachsen. Gemeinsam mit dem nahe gelegenen Keilberg auf tschechischer Seite bildet er das bedeutendste Wintersportzentrum des Erzgebirges. Am südlichen Bergfuß liegt mit dem Kurort Oberwiesenthal im Pöhlbachtal die höchstgelegene Stadt Deutschlands. Auf dem Gipfel des Fichtelbergs stehen das Fichtelberghaus mit Aussichtsturm und eine Wetterwarte.
Trotz des heftigen Schneesturms waren zahlreiche Skifahrer unterwegs und die Reisgruppe war froh, doch noch genügend Plätze zum Kaffeetrinken und Aufwärmen zu erhalten. Beladen mit vielen neuen Eindrücken verlief die anschließende Heimfahrt nach Bayreuth unproblematisch.
Eine gelungene Reise.

Manfred Kees
24.02.2020
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